Hola, willkommen in Westsahara, dem Wüstenland am Atlantik.
Ist Westsahara überhaupt ein eigenes Land? Die Marokkaner beanspruchen die Herrschaft darüber, doch die Bewohner des Küstenlandes sehen das anders. Sie kämpfen darum, von Marokko unabhängig zu werden. Westsahara liegt im Nordwesten von Afrika. Es ist ein Wüstengebiet mit einem langen Küstenstreifen am Atlantik. Im Norden liegt Marokko, im Süden Mauretanien. Der Osten wird von Algerien begrenzt. In dem dünn besiedelten Land gibt es nur zwei kleinere Hafenstädte.
Landschaften
Westsahara besteht aus einer beeindruckenden Wüstenlandschaft mit palmenbewachsenen Oasen und tiefen Flusstälern. Der größte Teil des Nordens ist von einer Stein-und Geröllwüste bedeckt.
Von der Küste aus steigt die Landschaft auf etwa 400 Meter im Landesinneren an. Es gibt keine beständigen Fließgewässer oder Seen in Westsahara. Deshalb muss alles Wasser entsalzt werden. Der Süden wird von Trockenflusstälern durchzogen, Wadis genannt. Sie führen nur in der Regenzeit Wasser. Der Saguia el Hamra ist der längste Fluss des Landes. Er mündet in den Atlantik und ist für die Oasenwirtschaft von großer Bedeutung. Weltweit ist Westsahara eines der Länder mit der geringsten Bevölkerungsdichte, nur zwei Einwohner kommen auf 1 km².
Zum Vergleich: Die Fläche von Westsahara ist etwas größer als die Großbritanniens, aber die Einwohnerzahl beträgt nicht einmal ein Prozent der Einwohner von Großbritannien.
Das Klima: In Westsahara herrscht extremes Wüstenklima. Am Tag kann es über 50° heiß werden, nachts kühlt es auf 10° ab. Typisch für das Wüstenklima ist, dass es sehr selten regnet. Durch den Dunst des Wüstenwindes Harmattan herrscht über 60 Prozent der Zeit eingeschränkte Sicht. In Küstennähe kommt häufig Nebel auf.
Tiere
In der Wüstenlandschaft von Westsahara braucht man ein scharfes Auge, dann entdeckt man mit etwas Glück Wüstenantilopen, den Wüstenfuchs, die Dornschwanz-Agame oder die Wüstenspringmaus. Natürlich gibt es eine Vielzahl von Käfern, Spinnen und Schlangen, die sich im Sand verstecken. Eine besondere Attraktion sind die Mönchsrobben. Die vom Aussterben bedrohten Robben sind sehr menschenscheu, denn sie wurden beinahe ausgerottet. Nur etwa 400 bis 500 Tiere gibt es noch weltweit. Sie leben geschützt in den Höhlen an der Atlantikküste, vor allem auf der Cabo-Blanco Halbinsel.
Ajun - die größte Stadt in Westahara
Die größte Stadt der Westsahara ist El Aaiùn oder auch Ajun genannt. Die spanischen Besatzer hatten Ajun einst als Garnisonsstadt gegründet. Als vor etwa 70 Jahren mit dem Phosphatabbau begonnen wurde, wuchs der Ort zu einer modernen Stadt heran. Die europäischen Geschäftsleute, die anreisten, wollten schicke Hotels, Einkaufszentren und bequeme Unterkünfte. Heute zählt die Wüstenstadt mehr als zweihunderttausend Einwohner. Das entspricht fast der Hälfte aller Bewohner des Landes.
Ajun liegt 25 Kilometer von der Atlantikküste entfernt in einer welligen Wüstenlandschaft. Der Name El Aaiùn bedeutet “die Quellen”, denn in dem Wüstengebiet spendet nur der Trockenfluss Saguia el Hamra mit seinen Grundwasservorkommen Wasser. Nur hier wächst dichtes Buschwerk mit Tamarisken. Der Fluss staut sich am Ende der Regenzeit zu einem See. Es ist der einzige größere Süßwassersee des Landes.
Völker und Sprachen
Die Bewohner von Westsahara werden Sahrauis genannt. Der Name stammt von dem arabischen Wort Sahara. Denn die Lebensgrundlage der Sahrauis war in früheren Zeiten der Karawanenhandel durch die Wüste. Noch heute ernährt sich die Mehrzahl von der Kamelzucht sowie von Schafen und Ziegen. Das Leben ist sehr traditionell, Männer kümmern sich um das Vieh, die Frauen um die Kinder und Erziehung. Auf dem Foto unten siehst du eine Sahraui bei dem traditionellen Brotbackritual. Die Mädchen lernen dieses Ritual schon früh. Sie werden auf Heirat und Mutterschaft vorbereitet. Bildung im westlichen Sinn halten die meisten Eltern nicht für wichtig. Sie vermitteln ihren Kindern die alten Traditionen und wie man in der Wüste überlebt.
Früher war die Gesellschaft sehr hierarchisch geprägt, es gab sogar Sklaven. Doch seit der Befreiungsbewegung im vorigen Jahrhundert gibt es keine Leibeigenen und keine krassen Hierarchien mehr. Die offizielle Amtssprache ist Arabisch. Die meisten sprechen jedoch Hassania, einen arabisch-berberischen Dialekt. Die Menschen gehören dem Islam an. Sie sind sehr kontaktfreudig und gastfreundlich. Viele leben in Zeltstädten.
Musik spielt eine große Rolle bei den Sahrauis. Sie kennen zehn verschiedene Musikinstrumente. Manche Instrumente werden nur von Männern gespielt wie die Langhals-Spießlaute Tidinit, und manche nur von Frauen wie die Bogenharfe, Ardin. Beide Instrumente waren schon im alten Ägypten bekannt. Frauen begleiten ihre Gesänge meist mit einer Kesseltrommel, T’bal genannt.
Wie lebt man in einem Zelt?
Die Sahrauis wurden früher als “die mit dem schwarzen Zelt” bezeichnet. Tatsächlich sind die Zelte aber weiß, um die Sonne und die Hitze zu reflektieren. Das Zelt ist eingerichtet wie eine Ein-Zmmer Wohnung. Was fehlt? Natürlich gibt es keine Installtion, also kein fliessendes Wasser, keine Toilette und keine Dusche. Die Nomaden sind Meister im Improvisieren! Allerdings gibt es keine Tische. Man sitzt auf dem Boden und auch das Essen wird ebenerdig serviert, auf einem stilvollen Teppich! Natürlich steht auch der Teppichkehrer in der Ecke.
Schulen in Westsahara
Koranschulen, Flüchtlingsschulen, internationale Schulen, es gibt alle Arten von Schulen in Westsahara. Nur normale Schulen, wie wir sie kennen, findet man hier kaum. In den Zeltlagerstädten haben die Sahrauis ein gut funktionierendes Schulsystem aufgebaut. Der Unterricht wird hauptsächlich von den Frauen organisiert. Sie machen die Unterrichtspläne und unterrichten auch. Selbst für die Kleinsten ist gesorgt, sie besuchen Kindergärten und erhalten dort geregelte Mahlzeiten. Die Frauen versuchen, in der Schule Ordnung zu stiften als Ausgleich für die ungewisse Zukunft ihrer Kinder. Die Unterrichtsfächer sind ganz ähnlich wie in europäischen Schulen. Allerdings gibt es einen ausführlichen Musikunterricht! Mehr über Schulen in Afrika
Was Kinder in Westsahara spielen
Jungs spielen Fußball, auch wenn sie keine Schuhe besitzen. Fußballschuhe schon gar nicht.Die meisten Eltern haben kein Geld, um Spielzeug, Schuhe oder Bastelwerkzeug zu kaufen. Doch Kinder sind erfinderisch. Mädchen lernen Instrumente spielen mit Trommeln, Rasseln oder der Bogenharfe. Einfache Trommeln bauen sie auch selbst. Beliebt sind auch Rätselspiele im Sand mit Murmeln oder getrockneten Bohnen. Viele lernen von ihren Müttern schon früh Stoffe zu weben und Teppiche zu knüpfen. So tragen sie schon früh zum Einkommen der Familie bei.
Wirtschaft und Bodenschätze
Die Lebensbedingungen in Westsahara sind hart. Es gibt keine landwirschaftlich nutzbare Flächen, Lebensmittel müssen eingeführt werden. Wasser muss aufwendig entsalzt werden, und die Temperaturen sind extrem. Daher lebt die Mehrheit der Sahrauis vom Fischfang. Viele der einstigen Karawanenführer und Händler schauten anfangs auf die Fischer herab. Aber inzwischen können viele davon leben. Erdöl und Phosphat sind die wichtigsten Bodenschätze von Westsahara. Sie werden erst seit einigen Jahrzehnten abgebaut. Leider profitiert fast nur Marokko davon. Marokko beutet auch die Fischgründe vor der Küste der Westsahara aus. Die Sahrauis sind wütend darüber, dass Marokko in der Landwirtschaft und der Fischereiindustrie Zuwanderer aus Marokko beschäftigt. Sie dagegen sind in der Mehrheit arbeitslos.
Sehenswürdigkeiten in Westsahara
In den Städten von Westsahara kannst du alte Kirchen und Moscheen besichtigen. Weit spannender ist die Wüstenlandschaft, die du mit Kamelen oder mit dem Jeep erkunden kannst oder in Zelten schlafen kannst wie richtige Nomaden. Im Süden kannst du windsurfen. Besonders im Winter sind die Windbedingungen sehr günstig und die Wassertemperatur liegt bei durchschnittlichen 25 Grad. Ideal für kleine und große Wassersportler.
Mehr Sehenswürdigkeiten findest du im afrika-junior Reiseführer
Geschichte
Berber bewohnten die Westsahara seit vielen Jahrtausenden, bevor der Islam im 7. Jahrhundert die Region eroberte. Ihre Nachfahren bildeten den Kern der Almoraviden. Die Almoraviden waren religiöse Erneuerer. Sie eroberten im 11. Jahrhundert einen großen Teil von Nordafrika und Spanien. Die folgende Blütezeit wirkt in der spanisch-maurischen Kultur und Architektur bis heute nach. Im 13. Jahrhundert zerfiel das Reich der Almoraviden. Arabische Nomaden aus dem Volk der Dui Hassan drangen mit ihren Herden bis an den Atlantik vor und siedelten sich hier an. Sie vermischten sich mit den Berbern und prägten die heutige Sprache in der Westsahara: Hassania. Rechts auf dem Foto siehst du Goldmünzen der Almoraviden, sie stammen aus dem 12. Jahrhundert.
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Westsahara heute
In der Vergangenheit gab es immer wieder Unruhen in Westsahara. Anlass war nicht nur, dass Marokko über das Land herrscht. Marokko bedient sich auch an den Einkünften aus den Erdölvorkommen. Die Sahrauis bekommen kaum etwas davon ab. So herrscht in dem Land kein Krieg, aber auch kein Frieden. Viele Bewohner sind vor den Kämpfen ins Ausland geflohen. In Westsahara leben nur noch etwa 300 000 Menschen. Kurz hinter der Grenze, in Algerien, haben sie sich niedergelassen. Seit dreißig Jahren leben sie ohne Hoffnung auf Rückkehr. Es gibt kaum Ausbildungsmöglichkeiten und wenig Arbeit. Die Jungen haben keine Zukunftsperspektive. Sie ziehen weiter in die angrenzenden Länder oder versuchen, nach Europa zu gelangen. Auf dem Foto links siehst du einen Sahraui mit der Flagge der Befreiungsbewegung.
Schon gewusst? Auf offiziellen marokkanischen Karten findet sich kein Hinweis auf die Grenze zu Westsahara. Auf allen anderen Karten der Welt ist diese Grenze eingetragen.