Schulen in Afrika
Schulen wie wir sie kennen gibt es in fast allen afrikanischen Ländern erst seit der Kolonialzeit. Davor wurden die Kinder von ihren Eltern und dem ganzen Dorf unterrichtet. Nicht in Fächern wie in europäischen Schulen sondern in ganz praktischen Dingen wie Kochen, Jagen, Feldanbau, Tierhaltung, Musik, Tänze, Geschichten erzählen und weises Wissen über die Ahnen. Sie wurden in geheimnisvollen Ritualen in die Welt der Erwachsenen eingeführt. Was sie dabei lernten, diente ihrem Überleben und dem Überleben der Gemeinschaft.
Heute lernen afrikanische Kinder so ziemlich dasselbe wie du. Trotzdem gibt es noch einige Unterschiede!
Gehen afrikanische Kinder gerne in die Schule?
Für die meisten Kinder ist Schule keine Pflicht, sondern etwas Besonderes. Denn nur zwei Drittel der Kinder kann die Schule zu besuchen. Die Schulen sind ähnlich aufgebaut wie unsere. Es gibt eine Grundschule oder Primary School, die etwa 6 Jahren dauert, und eine Sekundarstufe oder Junior Secundary School, die bis zur 9. Klasse geht. Bei Abschluss erhält man ein Basic Education Certificate Examination. Die Senior Secundary School dauert 2 - 3 Jahre, sie bereitet auf die Universität vor. Wohlhabende Eltern schicken ihre Kinder auf Privatschulen. In nordafrikanischen Ländern gibt es neben öffentlichen Schulen Koranschulen, die aber nur Jungs besuchen dürfen.
Schulgeld ist für viele Kinder eine Hürde
Die meisten öffentlichen Schulen verlangen kein Schulgeld, aber Stifte, Hefte und Schuluniformen müssen die Eltern selbst bezahlen. In einigen afrikanischen Ländern wird Schulgeld verlangt. In der Regel kostet der Schulbesuch zwischen 5 und 15 Euro pro Jahr. Für viele Familien ist das eine beträchtliche Summe, denn sie verdienen kaum mehr als 100 Euro im Jahr. Wenn eine Familie vier oder fünf Kinder hat, kann oft nur eines die Schule besuchen. Dann lernen die jüngeren von den älteren Geschwistern Rechnen und Schreiben.
Was steht auf dem Stundenplan?
Afrikanische Kinder werden in ähnlichen Fächern unterrichtet wie du: Lesen und Schreiben, Mathe, Religion, Zeichnen, Geographie, Musik, Sport und Sprachen. Oft lernen Schüler ab dem dritten Schuljahr zwei Sprachen, ihre afrikanische Sprache und die Amtssprache des Landes, wie englisch oder französisch. In manchen Schulen steht Theater spielen auf dem Lehrplan oder Geschichten erzählen. Manche Schulen unterrichten in Ökologie und nachhaltigem Anbau. Und manche Schulen unterrichten praktische Dinge wie Nähen oder Werkzeuge bauen, so dass die Mütter zusammen mit ihren Kindern die Schulbank drücken.
Der Unterricht findet oft nicht in der Muttersprache statt
In vielen afrikanischen Ländern wird leider nicht in der Muttersprache unterrichtet, sondern in Englisch wie in Gambia, Nigeria und vielen anderen Ländern. In Französisch wird in Senegal, Mali oder Mauretanien unterrichtet. Englisch und Französisch sind die Sprachen der ehemaligen europäischen Kolonialmächte, die in den Ländern herrschten. Die fremde Sprache ist eine Hürde für die meisten Schulanfänger. Sie sind frustriert und brechen oft die Schule in den ersten Jahren ab. Heute weiß man, dass Bildung für alle Kinder von der Muttersprache abhängt.
In einer Dorfschule im südlichen Afrika
Nicht jedes Dorf im südlichen Afrika hat eine Schule. Für mehrere Dörfer gibt es oft nur eine Schule. Deshalb müssen die meisten Kinder früh aufstehen, denn sie haben einen weiten Weg zur Schule. Eine Entfernung von 10 km einfach ist nicht selten. Einige sind schon zwei oder drei Stunden auf den Beinen, ehe der Unterricht beginnt. Um 6 Uhr morgens bricht die Dämmerung über die Savanne herein. Die Jungs wachen über die Ziegen und Kühe ihrer Familie, die Mädchen holen Wasser. Dann machen sich die Kinder auf den Schulweg quer durch die wilde Savanne.
Der Schulweg, ein Abenteuer
Zum Beispiel ist im Norden von Kenia die Savanne staubtrocken, wie du auf dem Foto oben sehen kannst. Hier leben wilde Tiere wie Antilopen, Hyänen und Wildhunde. Es gilt, die von klein auf gelernten Überlebenstaktiken anzuwenden.
Die Schüler laufen auf den staubigen Straßen der Dornsavanne zur Schule. Hunger und Durst sind ihre ständigen Begleiter. Kleine Oasen auf dem Weg sind eine willkommene Wasserquelle aber sie sind gefährlich. Denn sie sind nicht nur für die Schulkinder eine wichtige Quelle, sondern auch für Antilopen, Zebras, Hyänen und Wildhunde. Da ist Vorsicht angesagt. Doch es gibt auch Spaß, wie Wettrennen mit den Rädern. Eigentlich ist für solche Trödeleien keine Zeit, denn der Weg dauert lange. Manche Kinder sind zwei Stunden oder mehr unterwegs, bis sie in der Schule ankommen.
Lernen und Disziplin in einer afrikanischen Schule
In einer afrikanischen Schule geht es oft streng zu. Zwischen 8 Uhr und 8 Uhr 30 beginnen die Stunden mit einem Gebet oder einem Lied. Mittags gibt es ein Schulessen, danach dürfen die Kinder spielen oder Sport machen. Oft geht Nachmittags der Unterricht weiter mit dem Einüben von erlerntem Stoff. An vielen Schulen ist eine Schuluniform Pflicht. In einigen Ländern üben Kinder den Marschschritt und singen die Nationalhymne. Auf Fragen wird oft im Chor geantwortet. Es gibt kein spielerisches Lernen. Die Kinder bekommen vieles vorgeschrieben, und wer nicht aufpasst, bekommt schon mal eine Ohrfeige. Trotzdem gehen alle Kinder gerne in die Schule, denn sie können später einen Beruf erlernen oder sogar an die Universität gehen und studieren.
Das Klassenzimmer in einer Dorfschule
Ein Klassenzimmer in einer afrikanischen Dorfschule sieht ganz anders aus als bei uns. Die Gebäude sind meist aus Lehm oder Stroh gebaut. Darin kann es manchmal ganz schön heiß werden. Die Fenster sind oft sehr klein, damit es nicht hinein regnet. Richtige Stühle und Bänke sind nicht selbstverständlich. Oft gibt es nur Lehmklötze oder Steine als Sitzgelegenheit. Denn Holz ist teuer. Dreißig oder vierzig Schüler drängen sich in einem Raum. Für eine Schule gibt es oft nur eine Toilette. Manche Schulen finden im Freien statt. Die Schüler sitzen unter einem Baum, und Strohnetze schützen sie vor der Sonne. Bücher, Hefte und Stifte sind Mangelware. Meist hat nur der Lehrer eine Tafel.
In der Koranschule
In Nordafrika und im Sahel gibt es Koranschulen, "Daaras" genannt. Die Koranschulen bilden die erste Stufe der traditionellen islamischen Bildung. In den islamisch geprägten Ländern werden sie meist von sogenannten "Bruderschaften" geführt. Ein Lehrer unterrichtet 40 bis 60 Schüler. Die wachsende Armut auf dem Land führt dazu, dass immer mehr Bauern ihre Söhne in die Koranschulen schicken. Denn sie müssen kein Schulgeld bezahlen. Das machen ihre Kinder, die sich die Schule mit einfachen Arbeiten und Betteln "verdienen". Sie kommen oft schon im Alter von vier Jahren auf die Koranschule. Mädchen dürfen die Koranschule übrigens nicht besuchen. Zum Spielen haben die Schüler keine Zeit. Ihr Tag beginnt vor Sonnenaufgang mit dem Aufsagen auswendig gelernter Suren. Er endet weit nach Sonnenuntergang. Unterricht findet am Morgen und am späten Nachmittag statt. Dazu gehört Lesen, Schreiben, Rechnen und Koranstunden. In der Pause dazwischen sind einfache Arbeiten und Betteln fest eingeplant. Einen Großteil ihrer Einnahmen müssen sie dem Lehrer abliefern.
Beispiel Senegal
Im Senegal, einem westafrikanischen Land, sollen mehr als 80.000 Kinder solche Koranschulen besuchen. Wegen der wachsenden Armut in den Dörfern schicken viele Eltern ihre Kinder lieber auf diese kostenlosen Internate statt auf öffentliche, kostenpflichtige Schulen. Betteln gehört zur Ausbildung dazu. Über 30.000 Kinder betteln allein auf den Straßen von Senegals Hauptstadt Dakar. Viele unter ihnen werden von dubiosen Koranlehrern zum Betteln gezwungen. Oftmals tragen diese Koranlehrer mit dem überschüssigen Bettelgeld ihrer Schüler zur finanziellen Unterstützung der islamistischen Terrorgruppen im Land bei. Gegen einige dieser Koranlehrer ermittelt inzwischen die Regierung von Senegal. Sie will die Kinder endlich von der Straße holen.
In der Schule bei Nomadenvölkern
Berberkinder, deren Eltern halbnomadisch leben, besuchen nur zeitweise eine Schule. Die meiste Zeit sind sie mit ihren Klans und Familien auf Reisen. Wenn es eine Gelegenheit zum Schulbesuch gibt, entscheidet das männliche Familienoberhaupt, ob sie dorthin gehen dürfen. Denn er bestimmt den Lagerplatz und wie lange sie dortbleiben. Entscheidet er sich für einen Lagerplatz in der Nähe eines Ortes mit Schule, ist nicht sicher, ob alle Kinder die Schule besuchen dürfen. An erster Stelle steht die Versorgung der Tiere, der Kamele, Ziegen und Schafe. Wenn Kinder in die Schule geschickt werden, dann meist die Jungs. Zumeist müssen sie sich schon vor dem Morgengrauen auf den Weg machen, denn die Schulen sind oft weit weg. Die Klassen sind groß, in der Regel sind mehr als 50 Kinder in der Klasse. Kinder besuchen nicht länger als 5 Monate die Schule, denn dann bricht die Familie auf und zieht weiter. Lernt man in dieser Zeit schreiben, lesen, rechnen? Einfach ist es jedenfalls nicht. Die Koranschulen in den Oasen und Städten sind beliebter. Leider dürfen nur Jungs die Koranschulen besuchen. Für die Mädchen ist es schade, denn Bildung ist für sie die einzige Hoffnung, irgendwann ein anderes Leben führen zu können als ihre Mütter und Väter.
Wanderschulen
Die Kinder der Massai besuchen Dorfschulen, die auf dem Wanderweg ihres Clans liegen. Oder sie gehen zu Wanderschulen, die von Rastplatz zu Rastplatz ziehen. Ein oder zwei Lehrer fahren mit einem Bully die Wanderwege der Nomaden und Hirten entlang, im Gepäck Bücher und anderes Unterrichtsmaterial. Unterrichtet wird dann im Freien. Das klingt provisorisch. Aber die Lehrer bemühen sich, dass die Kinder in einem Monat den Unterrichtsstoff eines Viertel Jahres durchnehmen. Die Eltern üben dann mit ihren Kindern den Stoff auf der Weiterreise ein.
Mehr über die Schule bei den Massai
In der Schule bei den Buschmenschen
Die meisten Naturvölker wie die Pygmäen, die Völker der Regenwälder, oder die Buschmenschen, die in den Savannen leben, unterrichten ihre Kinder selbst. Was die Kinder lernen, hängt davon ab, ob sie in der Savanne oder im Regenwald leben. Die Pygmäen vermitteln ihrem Nachwuchs ein großes Wissen über die Wälder, über die Gefahren durch wilde Tiere und giftige Pflanzen. Sie besitzen ein wertvolles Wissen über die Natur, das allen anderen Völkern und Zivilisationen verloren gegangen ist. Die Buschleute vermitteln ihren Kindern besondere Kenntnisse über die Jagd, die Regenzeiten und das Wasserfinden oder über das Gewinnen von Giften und Heilkräutern. Das Wissen wurde über tausende von Generationen weiter gegeben und ist für das Überleben ganzer Regionen wichtig. Die Älteren vermitteln ihr Wissen nicht in Schulgebäuden. Die Schüler tragen keine Uniformen, sie erhalten keine Zeugnisse oder Noten. Sie müssen nicht einmal Stillsitzen oder Disziplin lernen. Sie müssen sich nur in dem bewähren, was das Überleben der Gemeinschaft sicherer macht. Die Regierungen der Länder, durch die Naturvölker ziehen, versuchen, deren Kinder zum Schulbesuch zu verpflichten. Das funktioniert nicht immer reibungslos. Denn die Schulen verlangen von den Kindern Wissen und Verhaltensweisen, die völlig verschieden sind von dem Verhalten, das sie in der Wildnis einüben.
Schulen für Flüchtlinge
Millionen Kinder sind in Afrika auf der Flucht vor Krieg, Armut oder Dürren. Die meisten versuchen Flüchtlingscamps zu erreichen. Denn dort sind sie erst einmal in Sicherheit. Außerdem haben sie hier die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen. In Flüchtlingscamps im Osten und Norden Afrikas gibt es provisorische Schulen für Kinder auf der Flucht. Das Klassenzimmer ist häufig ein Zelt. Meist werden mehrere Jahrgänge gemeinsam unterrichtet. Lehrer gibt es kaum, deshalb stehen oft die Eltern an der Tafel und geben Hausaufgaben auf. Vieles ist provisorisch, doch für die Kinder sind diese Schulen ein Lichtblick in ihrem traurigen Alltag.