Zur Schule bei den Massai
Anfang September ist Schluss mit lustig. Dann gehen in Kenia die Ferien zu Ende. September ist der letzte Monat vor Beginn der Regenzeit. Im Hochland ist es zu dieser Jahreszeit kühl. Das Thermometer steigt auf gerade mal 10 Grad. Dann packen 11 Millionen kenianische Kinder ihre Stifte und Hefte ein und machen sich auf den Weg zur Schule. Für die Kinder der Massai ist der Schulbeginn besonders aufregend.
Nicht jedes Massaikind geht zur Schule
Massai leben in Krals in den Hochebenen von Kenia und Tansania, weit entfernt von Städten und Dörfern. Es gibt hier keine Geschäfte oder Schulen, keine Fernseher oder Computer. Alles Wichtige lernen die Kinder von ihren Eltern und Großeltern. Dazu gehört, wie man in der Savanne überlebt, wo man die besten Weideplätze für Rinder findet und welche Kühe die beste Milch geben. Aber sie lernen nicht schreiben, lesen oder rechnen. Bis auf einige wenige Auserwählte.
Was haben Rinder mit Bildung zu tun?
Nur einer wird von der Großfamilie ausgewählt, um die Schule zu besuchen. Die Grundschule ist zwar kostenlos, aber es müssen Bücher und Schuluniformen gekauft werden. Ganz schön teuer für ein Volk, das von Rindern und Ziegen lebt. Für die Schulausbildung eines Kindes muss eine Großfamilie zehn Rinder, manchmal auch mehr opfern. Meist werden die Jungs auf die Schule geschickt. Die Mädchen bleiben zu Hause und müssen mitarbeiten. Nur langsam ändert sich das Bewußtsein, dass auch für Mädchen Bildung wichtig ist.
Schule ist nicht einfach für Nomadenkinder
Für die kleinen Massai beginnt mit der Schule eine der größten Veränderungen. Sie lassen ihr Leben in der freien Natur zurück, ihre Familien und Freunde. Sie müssen sich an strenge Regeln gewöhnen, wie zum Beispiel den ganzen Tag still zu sitzen. Für ein Nomadenkind ganz schön schwierig! Sie müssen Fertigkeiten lernen, die in ihrer Kultur unbekannt sind. Wie zum Beispiel Buchstaben und Zahlen schreiben, Bücher lesen oder Bruchrechnen. Außerdem müssen sie eine neue Sprache lernen, Suaheli. Später steht auch Englisch auf dem Lehrplan. Die Schule dauert von morgens bis abends. Das ist ziemlich anstrengend, denn viele Kinder haben einen weiten Schulweg. Manchmal liegt die Schule eine oder zwei Stunden vom Kral entfernt. Ein Schultag dauert dann oft mehr als 12 Stunden.
Spielen und Lernen für die Gemeinschaft
In den Pausen wird gespielt, die Jungs spielen Fußball, die Mädchen eine Art von Basketball. Anfangs erscheint die Schule sehr fremd. Doch die meisten gewöhnen sich daran. Sie wissen, dass ihre Kenntnisse sehr wertvoll sind für die Gemeinschaft. Sie lehren ihre Geschwister rechnen und schreiben und unterrichten sie in Suaheli. Wenn sie später studieren, lernen sie so praktische Dinge wie Brunnen bauen, Straßen anlegen oder sie werden selbst Lehrer. Manche gehen sogar in die Politik. Sie setzen sich dafür ein, dass die Massai mitbestimmen, was mit ihren Wandergebieten geschieht. Einen wichtigen Erfolg haben sie schon errungen: Im Ngorongoro Schutzgebiet dürfen nur die Massai, die sich seit Jahrhunderten dort aufhalten niederlassen.
Mehr über die Schulerfahrungen eines Massai findest du in dem Buch Facing the Lion von Joseph Lemasolai Lekuton. Bei Hörbücher kannst du auch einige Kapitel aus Facing the Lion anhören.