Was Massai-Kinder lernen
Mitte September ist Schluss mit lustig. Dann gehen in Kenia die Ferien zu Ende. September ist der letzte Monat vor Beginn der Regenzeit. Im Hochland ist es zu dieser Jahreszeit kühl. Das Thermometer steigt auf gerade mal 10 Grad. Dann packen 11 Millionen kenianische Kinder ihre Stifte und Hefte ein und machen sich auf den Weg zur Schule. Für die Kinder der Massai ist der Schulbeginn besonders aufregend.
Nicht jedes Massaikind geht zur Schule
Massai sind Rinderzüchter. Sie sprechen die Maa Sprache, deshalb werden sie Massai genannt. Sie leben in Krals in den Hochebenen von Kenia und Tansania, weit entfernt von Städten und Dörfern. Es gibt hier keine Geschäfte oder Schulen, keine Fernseher oder Computer. Alles Wichtige lernen die Kinder von ihren Eltern und Großeltern. Dazu gehört, wie man in der Savanne überlebt, wo man die besten Weideplätze für Rinder findet und welche Kühe die beste Milch geben. Nur einige aus der Großfamilie lernen schreiben, lesen und rechnen.
Dabei ist die Grundschule in Kenia kostenlos, aber die Eltern müssen Bücher und Schuluniformen kaufen. Ganz schön teuer für ein Volk, das von Rindern und Ziegen lebt. Für die Schulausbildung eines Kindes muss eine Großfamilie zehn Rinder, manchmal auch mehr opfern. Meist werden die Jungs auf die Schule geschickt. Die Mädchen bleiben zu Hause und müssen mitarbeiten. Nur langsam ändert sich das Bewußtsein, dass auch für Mädchen Bildung wichtig ist.
Schon gewusst? Kenia hat 2010 die UN Kinderrechtskonvention ratifiziert, das bedeutet, dass die Regierung bestrebt ist, für die Umsetzung der Kinderrechte zu sorgen.
Was haben Rinder mit Bildung zu tun?
Für einen Massai-Jungen sind seine Rinder das wichtigste. Darüber lernt er alles von seinen Eltern. Dann muss er lernen, wie man ein richtiger Krieger wird. Das lernt er von den Älteren in seinem Clan. Da ist das Wissen, das er in der Schule lernt, zweitrangig. Der einstige Massai-Junge Joseph Lemasolai Lekuton schreibt in seinem Buch "Facing the Lion" über die Schule: "Die Regierung von Kenia hatte ein Gesetz erlassen, wonach jede Nomadenfamilie ein Kind in die Schule schicken musste, ob es ihr gefiel oder nicht. Meinem Vater gefiel es nicht. Er wusste mit der Schule nichts anzufangen - er wollte, dass wir zu Hause blieben und bei der Aufzucht des Viehs halfen. Ein Kind in der Schule war ein Kind weniger bei der Arbeit. Mein Vater war zudem sehr traditionell. Er wollte, dass wir in unserer eigenen Kultur aufwuchsen, bei unseren Leuten. Aber so war das Gesetz." Heute sitzt Joseph Lemasolai Lekuton im kenianischen Parlament, am Tag lebt er wie ein Politiker und ist westlich gekleidet. Wenn er nach Hause kommt, lebt er wie ein Massai und ist gekleidet wie ein Massai.
Schule ist nicht einfach für Nomadenkinder
Für die kleinen Massai beginnt mit der Einschulung eine der größten Veränderungen in ihrem Leben. Sie lassen ihre Familien und Freunde zurück, denn die Schulen sind oft weit entfernt von ihren Siedlungen. Sie müssen sich an strenge Regeln gewöhnen, wie zum Beispiel den ganzen Tag still zu sitzen. Für ein Nomadenkind ganz schön schwierig! Sie müssen Fertigkeiten lernen, die in ihrer Kultur unbekannt sind. Wie zum Beispiel Buchstaben und Zahlen schreiben, Bücher lesen oder Bruchrechnen. Außerdem müssen sie eine neue Sprache lernen, Suaheli. Später steht auch Englisch auf dem Lehrplan. Die Schule dauert von morgens bis abends. Das ist ziemlich anstrengend, denn viele Kinder haben einen weiten Schulweg. Manchmal liegt die Schule eine oder zwei Stunden vom Kral entfernt. Ein Schultag dauert dann oft mehr als 12 Stunden.
Spielen und Lernen für die Gemeinschaft
In den Pausen wird gespielt, die Jungs spielen Fußball, die Mädchen eine Art von Basketball. Anfangs erscheint die Schule sehr fremd. Doch die meisten gewöhnen sich daran. Sie wissen, dass ihr neues Wissen sehr wertvoll ist für die Gemeinschaft. Sie lehren ihre Geschwister rechnen und schreiben und unterrichten sie in Suaheli. Wenn sie später studieren, lernen sie so praktische Dinge wie Brunnen bauen, Straßen anlegen oder sie werden selbst Lehrer. Manche gehen sogar in die Politik. Sie setzen sich dann dafür ein, dass die Massai mitbestimmen, was mit ihren Wandergebieten geschieht. Einen wichtigen Erfolg haben sie schon errungen: Im Ngorongoro Schutzgebiet dürfen sich nur die Massai niederlassen, denn sie ziehen schon seit Jahrhunderten durch dieses Gebiet und schützen die Natur.
Hier findest du mehr über die Massai
Hier findest du mehr über Kenia
Mehr über die Schulzeit eines Massai findest du in dem Hörbuch Facing the Lion von Joseph Lemasolai Lekuton.
Schreibt uns, was ihr von der Massai Schule haltet. Würdet ihr gerne einen Schultag in einer Massai Schule verbringen? Was würdet ihr gerne von den Massai lernen? Sende deinen Beitrag an kinderredaktion@afrika-junior.de. Wir freuen uns darauf.
Spannende Herbstferien wünschen euch
Angelika und das Team von afrika-junior
Hier gehts zum Märchen des Monats
Vorschau: Besuch uns im nächsten Monat wieder, dann berichten wir das allerneueste aus der Welt der Dinosaurier.