Die Dogon, das geheimnisvolle Volk in Westafrika

                      

Die Dogon leben im Osten von Mali, am Rand der Hombori Berge. Hier befinden sich die Felsengebiete von Bandiagara, wo die Dogon in Kraals siedeln und sich von dem ernähren, was die kargen Böden hergeben. Etwa 350 000 Menschen umfasst das Dogon-Volk. Seit Jahrhunderten haben sie von ihrer Umwelt isoliert gelebt. Sie haben eine außergewöhnliche Hochkultur entwickelt, die durch ihre prächtigen Maskenfeste und religiösen Riten in aller Welt bekannt wurde. Wie haben sie ihre alten Kulte und Traditionen bewahrt?

 

Die Dogon sind ein Volk mit vielen Geheimnissen

Skultpuren der Dogon (c) wikistikesDie Herkunft der Dogon ist ungewiß. Einige rätseln, dass sie vor Jahrtausenden aus Ägypten eingewandert sind, denn sie verfügen über ein erstaunliches astronomisches Wissen. In dem heutigen Felsengebiet siedelten sie sich erst im 11. oder 12. Jahrhundert an. Forscher glauben, dass die Dogon einst Leibeigene eines früheren Mali-Herrschers gewesen sind. Vor 800 Jahren flohen sie, um der Knechtschaft zu entkommen. Sie wollten sich auch nicht dem islamischen Glauben unterwerfen. In den Bandiagara-Felsen legten sie ihre Behausungen an, so dass sie nicht leicht zu finden waren. Von den hohen Felsen aus konnten sie Eindringlinge schon von weitem erspähen und sie vertreiben. Die ältesten Dörfer der Dogon kleben wie Schwalbennester auf kleinen Felsterassen der Falaise. Diese ehemaligen Behausungen dienen jetzt den Dogon als Tempel, Grabstätten und heilige Verstecke für Masken und Fetische. Sie beherrschen eine hochentwickelte Lehmarchitektur und schaffen aus Lehm einzigartige Skulpturen wie die Skulptur links im Bild.

 

Wie die Dogon leben

Die jüngeren Siedlungen der Dogon liegen verstreut in der sandigen Gondo-Ebene. Die Menschen leben sehr traditionell. Die Männer der Gemeinschaft bestimmen das Leben, diese Gesellschaftsordnung nennt man patriarchal. Jedes Dorf hat einen Dorfvorsteher, der die Angelegenheiten der Gemeinschaft regelt. Die Familie lebt beim Vater des Ehegatten. Jede Familie hat ihre eigene Behausung, eine Rundhütte, die von einer Lehmmauer umgeben ist. Es gibt keinen Strom, kein Licht, kein fliessendes Wasser. Jede Familie pflegt ihren eigenen Garten, der stets bewässert wird. In den Gärten bauen die Frauen Gemüse und Obst an. Die Männer bauen Hirse an, eine Getreideart, die auf den trockenen Böden gedeiht. Eine Ernte muss für ein ganzes Jahr reichen. Die Hirsespeicher sind für die Männer reserviert. Sie lagern darin die Hirse für ihre Familien. Jeden Morgen entnehmen sie ein wenig davon und die Frauen der Familie stampfen sie, um Hirsenudeln herzustellen. In den Speichern der Frauen lagern Erdnüsse, Bohnen, Heu und ihre persönliche Habe. Die Frauen dürfen nicht in die Speicher der Männer und umgekehrt dürfen die Männer nicht in die Speicher der Frauen. Im Palaverhaus in der Mitte des Dorfes werden die Streitigkeiten ausgetragen. Man kann nur sitzend oder gebückt darin stehen. Es ist also nicht möglich, dass Streithähne aufeinander losgehen. Hier palavern alle so lange, bis der Streit beigelegt wird. Diese kluge Strategie der Streitschlichtung haben die Dogon bis heute bewahrt.

 

Was lernen die Kinder der Dogon?

Es gibt Dorfschulen, in denen Kinder das nötige lernen wie Rechnen, Lesen und Schreiben. Doch das meiste lernen sie von ihren Eltern und Großeltern. Dazu gehört Musik, das Handwerk, Haushalt, Feldbau und Tierhaltung. Jeder Haushalt hat einen Esel, Ziegen, Schafe und Hühner. Die Wohlhabenden besitzen auch Rinder. Die Jungs kümmern sich um die Ziegen und Rinder, sie sammeln das Feuerholz und transportieren die Waren zu den Märkten. Spielplätze gibt es zwar nicht, aber die Felsen bieten viele Möglichkeiten für Versteckspiele und sportliche Wettbewerbe.

 

Die Mädchen kümmern sich um den Haushalt, die jüngeren Geschwister und das Kleinvieh. Jedes Dorf hat einen Brunnen, an dem sich alle mit Wasser versorgen. Wasserholen ist Sache der Mädchen. Morgens und abends muss Wasser geholt werden. Dabei treffen die Mädchen ihre Freundinnen und erzählen sich den neuesten Klatsch. Mit der Initiation werden Jungen und Mädchen in die Welt der Erwachsenen eingeführt. Dabei werden Jungen und Mädchen beschnitten. Sie werden schon früh mit den religiösen Riten vertraut gemacht und vor allem für die Jungen ist es spannend, in die Herstellung der Masken eingeweiht zu  werden.

 

Handwerk wird groß geschrieben

Jäger bei den Dogon (c) J.DrevetDie Schnitzkunst der Dogon ist viel gerühmt und hat eine lange Tradition. Schnitzhandwerk findet sich an den Türen der Getreidespeicher, an Gefäßen und Ahnenfiguren. Jedes Dorf hat seinen Medizinmann oder Heiler, der sich um die Kranken kümmert und religiöse Rituale abhält. Der Schmied ist der wichtigste Mensch im Dorf. Er stellt alles her, was aus Eisen ist: Werkzeuge, die für die Ernte gebraucht werden, Messer, Haushaltsgeräte und Speerspitzen für die Jagd. Auf dem Foto links siehst du einen Jäger der Dogon.

Transport und Verkehr

Autoverkehr im Dogonland gibt es so gut wie nicht. Die meisten Dogon sind mit dem Eselswagen unterwegs und transportieren damit ihre Fracht. Glücklich schätzt sich, wer einen Motorroller besitzt. Doch fahren kann man damit nur in der Trockenzeit. Wenn es regnet, sind die Straßen matschig und nur schwer befahrbar. Trotzdem besuchen sich die Familien oft und gerne, Anlässe gibt es genug wie zum Beispiel Geburten, Hochzeiten, Trauerfeiern oder das Erntedankfest. Wenn man abgeschieden lebt, wie die Dogon, ist jeder Gast willkommen.

 

Mit einer Handtrommel wird der unbekannte Gast aus der weiten Ferne begrüßt. Die Begrüßung von Verwandten und Nachbarn kann lange dauern. Zur Begrüßung gehört, dass man sich nach der Gesundheit der Kinder, der Frauen, des Vaters, der Mutter und der Großeltern erkundigt. Man fragt nach der ganzen Familie und oft noch nach den Tieren, denn die Tiere gehören ebenfalls zur Familie. Eine ausführliche Begrüßung ist ein Zeichen der gegenseitigen Achtung. Links im Bild ist ein Dogon Maskentänzer umringt von der Dorfgemeinschaft.

Der Alltag bei den Dogon ist mühsam

Es gibt kein fliessendes Wasser, deshalb auch keine Waschmaschine. Alles muss von Hand gemacht werden. Am Waschtag kommen die Frauen am Fluss zusammen. Waschen findet am unteren Flusslauf statt, am oberen Flusslauf wird Wasser geschöpft oder die Kinder treffen sich zum Schwimmen. Die Frauen machen die mühsame Arbeit gemeinsam, dann erscheint sie weniger anstrengend. Dabei werden Neuigkeiten und Tratsch ausgetauscht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch die Essenszubereitung erfordert Einsatz und Geduld. Die Hirse muss gestampft und gewerfelt werden. Feuerholz muss gesammelt werden, um die Hirsenudeln zu bereiten oder Gemüse zu kochen. Wenn die Männer erfolgreich von der Jagd zurückkehren, muss das Beutetier zerteilt werden, bevor es gekocht wird. Da ist es gut, dass die Familie aus einem Teller oder einer Schüssel isst, dann fällt hinterher wenig Geschirr an.

 

Es gibt keine Armen im Land der Dogon

Obdachlosigkeit gibt es nicht bei den Dogon. Wenn es einer Familie an Nahrungsmitteln mangelt und einer der anderen Familienvorstände davon weiß, dann gibt man etwas ab. Aber man macht das nichts tagsüber, sondern in der Nacht, wenn alle schlafen. Dann legt man die Hirse in den Speicher des Mannes der Familie, so dass es keiner merkt. Es wird nichts bezahlt und nichts verlangt. Gegeben ist gegeben. Es entstehen keine Schulden, die beglichen werden müssten. Keiner sagt, dass ihm etwas fehlt. Aber alle achten darauf, dass jeder genügend zum Essen hat. Jeder achtet auf den anderen, damit die Gemeinschaft in Würde zusammen leben kann. Auf dem Foto links siehst du einen Hirsespeicher, der reich verziert ist mit den Totems der Gemeinschaft.

 

Das Fischfangritual von Antogo

Die Wüste dringt immer weiter vor ins Dogonland, die Seen schwinden und Wasser und Nahrung werden knapp. Das gilt auch für den Antogo-See in der Nähe von Mopti. Daher ist Fischen in diesem See mittlerweile verboten. Es gibt nur eine Ausnahme. An einem Tag während der Trockenzeit versammeln sich tausende Dogonmänner um den See zum Fischfangritual. Wenn  der Startschuss fällt, stürzen sie sich schreiend ins Wasser und fangen mit bloßen Händen die Welse. Nach einer Viertelstunde ist das Ritual beendet. Dann verlassen sie triumphierend mit ihren gefüllten Weidenkörben den See. Die gefangenen Fische werden dem Ältesten des Dorfes Bamba übergeben, die sie gerecht an die Bevölkerung verteilt. Das Ritual dient auch dazu, die Einigkeit unter den Dogondörfern zu fördern.

 

Woran die Dogon glauben

Die Dogon glauben an einen Schöpfergott Amma, der das Urzwillingspaar Nommo geschaffen hat. Die Mythen berichten auch von der Erschaffung des Menschen, von der Erfindung der Sprache und von den Anfängen des Ackerbaus. Der Glaube an die Ahnen ist stark ausgeprägt. Die Dogon glauben, dass der Geist der Ahnen weiterhin mit ihnen lebt. Von Zeit zu Zeit kommen sie zurück in ihr Dorf, um nach dem Rechten zu sehen. Sie sind auch davon überzeugt, dass die Natur beseelt ist. Jedes Lebewesen, jede Pflanze steht in Verbindung mit dem Schöpfergeist. Wegen ihrer heiligen Maskenrituale sind die Dogon weltweit bekannt. Das Wissen um die tiefere Bedeutung ihrer Masken ist bis heute nicht entschlüsselt. Die Männer sind in Maskenbünden organisiert. Sie bedienen sich einer Geheimsprache, die sonst niemand versteht. Auf dem Foto links siehst du ein rituelles Gebäude der Dogon und einen Hogon, einen Priester der Dogon.

Die Feste der Dogon

Die Maskenfeste der Dogon sind weltbekannt und ziehen viele Touristen an. Ein besonderes Maskenfest ist das Sigi-Fest. Die Dogon kennen etwa 100 verschiedene Maskentypen. Diese werden symbolisch aus der etwa 10 Meter langen, schlangenförmigen Muttermaske hergeleitet. Das sigi-Ritual ist die wichtigste Zeremonie der Dogon. Das Spektakel wird als Fest der Erneuerung gefeiert und ist ausschließlich Männern vorbehalten. Zum Einsatz kommt die bis zu 5 Meter lange sirige-Maske. Sie wird auch Stockwerkhaus-Maske genannt und besteht aus 80 Etagen, die für die 80 Urahnen der Menschheit stehen. Mit diesen hohen Masken tanzen die Männer und vollführen hohe Sprünge. Auf dem Bild rechts siehst du einen Tänzer mit Maske. Für ihre rituellen Tänze stellen die Dogon etwa 100 Masken her.

Zum Ringerfest werden die Trommeln geschlagen. Die Dogon strömen aus allen Dörfern herbei und versammeln sich um die Kampfarena. Es ist ein großes Ereignis, auf das sich alle lange vorbereiten. Die Jungs üben sich schon früh im Ringen, denn jeder will einmal Sieger sein. Die Menschen erscheinen in Festkleidung, die Frauen bringen Picknickkörbe mit zur Veranstaltung. Die Favoriten unter den Ringern werden bewundert, jeder feuert sein Idol an. Der Sieger wird frenetisch gefeiert.

 

Die Globalisierung hält auch bei den Dogon Einzug

Mädchen beobachten RingkämpfeDie Dogon leben noch wie ihre Vorfahren vor hunderten von Jahren. Sie tun alles, um ihr reiches kulturelles Erbe zu bewahren. Doch sie suchen auch Anschluss an die moderne Welt. Sie fördern die Schulbildung, auch die der Mädchen, und nutzen die neusten technischen Errungenschaften wie die Nutzung von Smartphones. Dennoch verlassen immer mehr junge Dogon ihre Gemeinschaft in den Felsen. Auf dem Foto rechts siehst du Dogon-Mädchen, die auf den Beginn des Ringkampfes warten.

Schon gewusst? Afrikanische Masken sind je nach Region sehr unterschiedlich. Es gibt Tiermasken, Helmmasken oder menschliche Masken. Erst im Tanz erhalten die Masken ihre religöse Bedeutung.

 

Maskentanz der Dogon