Völker und Sprachen

Fulani Frauen in FestttagskleidungNigeria ist ein Vielvölkerstaat. In Nigeria leben 250 Völker, vielleicht sogar mehr. Unter diesen zahlreichen Völkern sind vier besonders einflussreich. Die Hausa im Norden sind bekannt für ihre beeindruckenden Lehmbauten. Die Yoruba sind vermutlich Nachfahren der Nok-Kultur, die bis ins 8. Jahrhundert zurück geht. Sie leben im Westen Nigerias. Sie gründeten schon im Mittelalter große Städte. Die Ibo siedeln im Osten, sie leben in Dörfern und Siedlungen. Die Fulbe sind ein Nomadenvolk, das über ganz Westafrika vertstreut ist. Die Fulbe Frauen kleiden sich sehr farbenfroh, wie du auf dem Foto links sehen kannst.

Die Völker im Norden

Die größten Völker im Norden von Nigeria sind die Hausa-Fulani und die Kanuri im Nordosten. Auf dem Foto unten siehst du spielende Kinder in Zaira in Nordnigeria. Der Norden liegt in der Sahel-Zone. Typisch für den Sahel sind die Trockensavannen und die Lehmbauten.

                             

Die Zugehörigkeit zu einem Volk ist in Nigeria sehr wichtig. Denn die meisten Nigerianer identifizieren sich mit ihrer Volksgruppe und ihrer Religion, und nicht so sehr mit ihrer Nationalität. Die Völker im Norden gehören dem Islam an, die Völker im Süden von Nigeria sind überwiegend christlich. Die Macht zwischen den verschiedenen Völkern ist nicht gleich verteilt, kleine Völker sind politisch benachteiligt. Das hat früher zu Bürgerkriegen geführt und belastet auch heute noch das gesellschaftliche Zusammenleben.

Die Hausa 

Die Hausa leben im Norden von Nigeria und im Südosten von Niger. Sie gehören zu den prägenden Völkern in Westafrika. Sie sind bekannt für ihre beeindruckenden Lehmbauten. Die Stadt Kano mit fast zweieinhalb Millionen Einwohnern gilt als Zentrum der Hausa. Ihre Sprache ist das Hausa. Ihre Religion ist der Islam, die meisten sind Sunniten. Die ehemaligen Staaten der Hausa waren aristokratisch organisiert. Als Gründungsvater gilt Bayajidda. Jeder, der seine Herkunft auf den Gründungsvater Bayajidda zurückverfolgen kann, zählt zur königlichen Familie und genießt große Privilegien. Doch die meisten Hausa leben in einfachen Verhältnissen. Viele leben von der Rinderzucht. Der Besitz von vielen Rindern gilt als Zeichen von Wohlstand. Schon Kinder im Alter von 5 und 6 Jahren hüten die Rinder der Familie und lernen von früh auf alles über Viehwirtschaft.

Die Hausa gründeten sieben Staaten, jeder Staat erfüllte eine bestimmte Aufgabe. Die Städte Kano und Rano waren bekannt als „Chiefs of Indigo“. Die Hausa bauten seit jeher Baumwolle an und stellten damit Kleider her, die sie in ganz Westafrika handelten. Biram war der Regierungssitz. Zaria wurde durch die Organisation von Arbeitskräfte bekannt als „Chief of Slaves“. Katsina und Daura waren die „Chiefs of the Market“, da sie an den Handelsrouten aus der Sahara lagen. So konnten die Hausa am Handel in Nord- und Westafrika teilnehmen. Gobir im Westen war als „Chief of War“ bekannt. Die Stämme von Gobir mussten das Reich vor Eindringlingen aus Ghana und Songhai beschützen.

Bekannt sind die Hausa für ihre Liedtradition und ihre vielfältigen Instrumente, wie Trommeln, Fiedeln und Lauten. Die Kinder der Hausa lernen schon früh die Lieder und die Instrumente. Es gibt Preislieder für Herrscher, Liebeslieder und Lieder zu alltäglichen Themen. Die Fulbe sind ein Nomadenvolk, das über ganz Westafrika verstreut ist. Die Fulbe Frauen kleiden sich sehr farbenfroh, wie du auf dem Foto links sehen kannst.

 



Die Völker im Süden

Die Igbo

Die Igbo leben in den Savannen im Südosten von Nigeria. Ihr Gebiet liegt östlich vom Unterlauf des Niger. Die Mehrzahl sind Fischer oder Bauern. Hauptsächlich wird Yams und Maniok angebaut. Die Igbo sind bekannt als Individualisten. Jeder muss sich selbst seinen Platz und seinen Rang in der Gemeinschaft erarbeiten. Als Landwirte sind sie vom Wetter abhängig. Dadurch haben sie gelernt, praktisch zu handeln und zu wirtschaften. Wenn ein Igbo besondere Ehren oder einen Titel erringen will, muss er etwas von seinem Besitz investieren. Das geschieht meist in der Verbesserung gemeinschaftlicher Dinge wie ein besseres Schulhaus oder ein größeres Gemeindehaus. So kommt es, dass es bei den Igbo keine sehr reichen oder sehr armen Menschen gibt. Die Igbo hatten bis ins 19. Jahrhundert sehr unter dem Sklavenhandel zu leiden. Um 1900 setzte sich im ganzen Igbo-Gebiet die britische Kolonialverwaltung durch. Heute sind die Igbo neben den Yoruba und den Hausa das drittgrößte Volk in Nigeria.

Die Igbo-Gemeinschaften sind bekannt für ihre demokratischen Verhältnisse. Die Siedlungen und Dörfer verwalten sich selbst, es gibt keine zentrale Autorität. Jede Großfamilie gilt als unabhängige Einheit, die von einem Ältesten geführt wird. Die Angelegenheiten der Dorfgemeinschaft werden von einem Ältestenrat beschlossen. Diesem Rat gehören sowohl Männer als auch Frauen an. Jungen und Mädchen helfen gleichermaßen in der Landschwirtschaft und im Handwerksbetrieb der Eltern mit. Auf dem Foto rechts siehst du, wie die Tochter von ihrer Mutter die Ölgewinnung lernt. Die meisten Igbo sind Christen, doch pflegen sie daneben ihre traditionelle afrikanische Religion. In ihrer traditionellen Religion besitzt der „Herr der Erde“ das höchste religiöse Ansehen. Er sichert als Priester der Erdgöttin Ala die Fruchtbarkeit des Landes. Der Erdgöttin steht als ihr Gemahl der Himmelsgott Chi zur Seite. Neben den Hauptgöttern verehren die Igbo noch zahlreiche Nebengötter und Geister. Besondere Bedeutung hat auch der Ahnenkult. Bei Bestattungen und Festen treten Maskentänzer auf, die in Geheimgesellschaften zusammengeschlossen sind.

Völker im Westen

Die Yoruba

Die Yoruba leben vor allem in den südwestlichen Bundesstaaten von Nigeria und in Lagos. Charakteristisch für ihre Kultur ist die frühe Gründung von Städten. Bereits im Mittelalter zählten die größten Städte 100.000 Einwohner. Heute liegen in ihrem Siedlungsgebiet 22 der 50 größten Städte von Nigeria. Dort entstand auch das sagenumwobene Königreich von Ilé Ife. Die Yoruba sind vermutlich Nachfahren der Nok Kultur, die als erste westafrikanische Kultur die Eisenverarbeitung beherrschte. Die Yoruba wurden im Zuge der Kolonialisierung zum christlichen Glauben bekehrt. Doch viele pflegen noch ihren traditionellen Glauben. Darin gibt es einen Himmel, und einen obersten Schöpfer. Olodumare wird als der Schöpfer der universellen Lebensenergie verehrt. Daneben werden Nebengötter und auch die Ahnen verehrt. Sie werden als Vermittler zu dem obersten Schöpfer betrachtet. Mit Gebeten und Opfergaben sollen die Ahnen das Schicksal der Lebenden zum Guten wenden. Zur Religion der Yoruba gehört auch der Voodoo Glaube, den man heute noch in verschiedenen Ländern Afrikas und Amerikas findet.

Die Yoruba pflegen seit jeher ihre Kampfkünste, und jeder Junge wird von Kind an darin unterrichtet. Die Jungen müssen diese Künste beim Eintritt in die Erwachsenenwelt beweisen. Dazu zählen Reiten, Schwimmen und die Jagd. Etwas Besonderes für die männliche Ehre ist das Yoruba-Ringen. Während des ganzen Jahres üben die Jungen und die erwachsenen Männer das Ringen. Im Laufe des Jahres werden dann große Wettkämpfe abgehalten, bei denen alle zusammen kommen. Diese Wettkämpfe sind sehr wichtig für die jungen Männer. Denn durch einen Sieg erlangen die Teilnehmer hohes Ansehen und Ruhm. In früheren Zeiten bestimmten solche Siege sogar den zukünftigen Rang des Kämpfers, ob er Häuptling wurde oder Krieger blieb.

 

Die Ogoni

Die Ogoni leben im Nigerdelta, das auch Ogoniland genannt wird. Die Welt wurde auf das Schicksal der Ogoni aufmerksam, als durch die rabiate Ölförderung des Shell-Konzerns die Küste und die Mangrovenwälder rund um das Nigerdelta zerstört wurden. Die Mangrovenwälder mit ihrer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt waren eine Lebensgrundlage für das Volk der Ogoni. Seit der Verseuchung durch die rücksichtslose Ölförderung gibt es fortwährend Streit zwischen den Ogoni und der nigerianischen Regierung, die wenig tut, um die Umweltzerstörung zu stoppen und die Mangrovenwälder zu erhalten.

Sprachen

In Nigeria werden über 400 Sprachen gesprochen und noch viel mehr Dialekte. Die Amtssprache des Landes ist Englisch. Als Verkehrssprachen gelten Hausa, Yoruba und Igbo, die Sprachen der drei Hauptvolksgruppen. In den Großstädten sprechen die Bewohner eine Art Pidgin, eine Mischsprache aus dem Englischen und verschiedenen Landessprachen.

Nigeria und seine Feste

Reiterfest in KanoIm Norden gehören mehr als die Hälfte der Nigerianer dem Islam an. Hier feiert man das Ende des Fastenmonats mit dem Eid al-Fitr Fest, und danach das Sallah Fest. Wie bei allen afrikanischen Festen wird Musik gespielt und getanzt. Das besondere sind die prächtigen Prozessionen auf festlich geschmückten Pferden. In manchen Orten sieht man spektakuläre Reitvorführungen der Borno-Reiter. Im Süden finden neben den christlichen Feiertagen traditionelle afrikanische Feste mit Maskentänzen statt. Am 1. Oktober feiern alle Nigerianer ihre Unabhängigkeit.

 

Ein ganz besonderes Fest ist das Argungu Tanz- und Fisch-Festival im Staat Kebbi in Nordnigeria. Besucher aus aller Welt kommen zu dem einzigartigen Spektakel Ende Februar. Die Einheimischen bereiten sich das ganze Jahr darauf vor. Das Fest dauert vier Tage lang und hat seinen Höhepunkt in einem Wettbewerb der Fischer. Tausende Fischer stehen am Ufer des Niger. Auf den Startschuss einer Pistole hin springen alle ins Wasser und versuchen, in einer Stunde den größten Fisch zu fangen. Erlaubt sind nur traditionelle Fangmethoden, doch die meisten bevorzugen es, die Fische mit der Hand zu fangen. Der Gewinner erhält eine Prämie von umgerechnet US Dollar 7.500. Das ist für viele Fischer sehr viel Geld, doch mehr noch bedeutet es Ruhm und Ehre.

Musik

Jedes nigerianische Volk hat seine eigenen traditionellen Rhythmen und Lieder. Die Hausa sind von den Klängen nordafrikanischer, arabischer Musik beeinflusst, die Ibo und die Yoruba pflegen Musik im Stil westafrikanischer Lieder. Rhythmusinstrumente, Trommeln, Daumenklaviere und Balafone werden fast überall gespielt.

Popmusik und HipHop  in Nigeria

Nigeria ist heute in der internationalen Pop-Szene zu Hause. Junge Musiker pflegen das Erbe der Afrobeat-Pioniere und mischen ihre Tracks mit Klängen aus ganz Afrika. Afrobeats nennt sich die Popmusik seit dem Musiker Fela Kuti. Nigerianische Musiker haben die Pop-Musik Afrikas verändert. Und Lagos hat sich zur Metropole des Worldbeat entwickelt. Junge Musiker erschufen eigene Formen von Hip-Hop. Zuerst nahmen sie einen beliebten amerikanischen Hip-Hop-Beat und rappten in afrikanischem Pidgin-Slang darüber. Mehr und Mehr vermischten sie die Beats mit ihrer westafrikanischen Musik. Durch die Brücke nach London – eine der wichtigsten «nigerianischen Städte» – wurde nigerianische Musik professioneller und westlicher. Heute ist sie in allen europäischen Städten zu hören. Bekannte nigerianische Musiker sind D'Banj und aziz Sarr. Den könnt ihr sogar in den Berliner Musikclubs hören.

 

Geschichten aus Nigeria

In Nigeria kennt man so viele Märchen wie es Völker gibt. Sie erzählen von den Tieren des Meeres, des Regenwaldes, den Flussgeistern, die im Niger wohnen und von alten Königreichen. Hier findest du eine Zusammenfassung der Geschichte Der Wanderzauber von Cyprian Ekwensi. In Nigeria kennt sie jedes Kind. Sie handelt von der romantischen Liebe zwischen einem Hirten der Fulbe und der schönen Sklavin Fatimeh.

Berühmte Persönlichkeit aus Nigeria:

  der Schriftsteller Wole Soyinka.

Wole Soyinka war der erste Afrikaner, der den Literaturnobelpreis erhielt. Er ist berühmt geworden durch seine bewegende Kindheitsbiographie Aké und durch zahlreiche Theaterstücke. In Nigeria macht er mit Straßenkindern Kindertheater.