Ägypten während der Kolonialzeit

Bau des Suezkanals auf einem Gemälde aus dem 19. Jahrhundert (c) wikicommons

Für die Briten war der Ost-Indienhandel von zentraler Bedeutung für ihre Wirtschaft. Dazu mussten sie das östliche Mittelmeer kontrollieren, am besten durch ihre Präsenz in Ägypten. Als Verbündete der Osmanen schlugen sie Franzosen und brachten ihnen empfindliche Verluste bei. Der lachende Dritte im Streit der europäischen Großmächte war ein albanischer Offizier namens Muhammad Ali Pascha (1805-1882). Er nutzte die Streitigkeiten der Europäer zu seinen Gunsten. 1807 besiegte er im Bündnis mit den Mamluken die britische Armee und zwang sie zum Abzug. Unter osmanischer Flagge besetzte er das Land, unter den verbündeten Mamluken ließ er jedoch ein Massaker anrichten. Mit einer europäisch ausgebildeten Führungsschicht begann er, die Verwaltung zu reformieren und das Land zu modernisieren. Er leitete die Geschichte des modernen Ägyptens ein. Sein Erbe: Ein Militär, das stärker ist als die Politik. Immer wenn es im Land zu viel Zoff gibt zwischen verschiedenen Machthabern, greift das Militär ein und übernimmt zeitweise das Ruder.

Die Briten erkämpfen die koloniale Herrschaft über Ägypten

Muhamad Ali Pascha und seine Nachfolger begannen ein ehrgeiziges Projekt: Den Bau des Suezkanals. Der Kanal sollte den Indischen Ozean mit dem Mittelmeer verbinden. Das Land stürzte sich in ungeheure Schulden. Es wurde abhängig von ausländischen Geldgebern, vor allem von Franzosen und Engländern. Die Engländer erwarben die meisten sogenannten „Kanalaktien“. So sicherten sie sich den Verbindungsweg nach Indien und hatten zugleich einen Fuß in der Tür zum meistbegehrten Land in Nordafrika. Ab 1881 schafften es die Engländer, Ägypten unter ihre Kontrolle zu bringen.

Ägypten wird britisches Protektorat

Die britische Herrschaft in Ägypten bestand von 1882 bis zur formellen Unabhängigkeit des Landes als Königreich Ägypten im Jahr 1922. Gab es keinen Widerstand gegen den britischen Einfluss im Land? Doch, der Widerstand ging von jungen Ägyptern aus, die eine nationalistische Bewegung unter dem Namen Urabi bildeten. Sie wandten sich gegen die autokratische Regierung der Khediven. Und sie wollten auch dem europäischen Einfluss auf ihr Land entgegen treten. Es kam 1882 zum Anglo-Ägyptischen Krieg. Die Urabi-Bewegung wurde zerschlagen, und britische Truppen besetzten das Land. Die Briten ließen die vom osmanischen Reich eingesetzten Khedive in ihren Positionen, aber faktisch übernahmen sie die Macht im Land. Sie erweiterten den Großgrundbesitz und stellten die Landwirtschaft ganz auf Baumwolle um. Für die Bevölkerung war das Ergebnis eine Katastrophe. Baumwolle brachte die meisten Exportgewinne, die aber von den Fremdherrschern einkassiert wurde. Sie selbst mussten hungern, denn es gab kaum mehr Land für den Getreideanbau. Getreide musste teuer eingeführt werden. Großbritannien erklärte dem Osmanischen Reich den Krieg. Die Briten setzten die Khedive der Osmanen ab und ersetzten sie mit einem Mann ihrer Wahl, der als Sultan eingesetzt wurde. Das so entstandene Sultanat erklärten sie 1914 zum britischen Protektorat. Keine zehn Jahre später wurde Ägypten zu einem Königreich mit einem ägyptischen Herrscher. Doch der ägyptische König war kein Souverän, er war abhängig vom Willen der Kolonialmächte.