Die Kolonisierung von Afrika

Die Kolonisierung von Afrika durch europäische Mächte bahnte sich über drei Jahrhunderte an. Sie begann mit Neugier, technischen Errungenschaften und Abenteuerlust. Die Europäer wollten neue Seewege erkunden und Handel treiben. Die Gründe, weshalb diese wirtschaftlichen Absichten zu so schrecklichen Entwicklungen führten wie Sklavenhandel und Kolonisierung afrikanischer Völker, sind vielfältig. Finde mit uns heraus, welche menschlichen Eigenschaften, welche staatlichen Ziele und welche technischen Überlegenheiten zu der langen Beherrschung afrikanischer Völker führten.

Vasco da Gama, portugiesischer Seefahrer (c) Portuguese0021

Im 15. Jahrhundert veränderte sich die Welt für immer. Anteil daran hatten die großen Seefahrer-Nationen im Süden von Europa, Spanien und Portugal, sowie ihre Schiffsbauer und Erfinder. Die Schiffe wurden stabiler und hochseetauglich gebaut. Auch die neuen Navigationsgeräte sorgten für sichere Standortbestimmung auf den Weltmeeren. Mit diesen modernen Schiffen und Geräten konnten portugiesische Seefahrer über die Weltmeere segeln und andere Erdteile erkunden. Von Portugal war es nur ein Katzensprung nach Afrika. Die Portugiesen erkundeten Madeira, die Azoren und die KapVerden. Sie besiedelten die Inseln und segelten dann an der Westküste Afrikas entlang. Was war ihr Ziel? Sie wollten den Seeweg nach Indien erkunden, um Gold, Gewürze und Seide einzukaufen. Auf dem Bild links ist der Portugiese Vasco da Gama abgebildet.

Zu den erfahrendsten und mutigsten Seefahrern zählten die Portugiesen Bartolomeu Dias und Vasco da Gama. Bartolomeu Dias, links im Bild, kam mit seiner Flotte bis ans Cap der guten Hoffnung. An jeder Station ließen die Seefahrer Baumaterial und Handwerker zurück, die erste Stützpunkte errichteten. Vasco da Gama umrundete das Cap der guten Hoffnung, segelte an der Ostküste Afrikas entlang und erreichte als erster Europäer Indien im Jahr 1498! Den Seefahrern folgten Händler und Abenteurer, die an den afrikanischen Küsten Handelsposten errichteten. Auf dem Bild links siehst du den portugiesischen Seefahrer Vasco da Gama.

 

Abenteurer und Missionare erkunden das Innere des Kontinents

Vasco da Gama auf seiner Erkundungsfahrt nach Afrika (c) LibraryofCongress

Im 16. und 17. Jahrhundert betraten Händler und Missionare afrikanischen Boden. Die meisten blieben an der Küste und bauten Handelsposten, Kirchen und Schulen. Einige drangen entlang der Flüsse ins Innere des Kontinents vor. Die christlichen Missionare machten sich daran, das südliche Afrika zum Christentum zu bekehren. Sie nötigten die Einheimischen, ihre Kinder in die Missionsschulen zu schicken. In den Schulen sollten sie alles über die neue Religion und den christlichen Gott erfahren und rechnen und schreiben lernen. So machten die Missionare die afrikanischen Kinder zu künftigen Helfern ihrer kolonialen Interessen. Ein Teil der Bevölkerung wehrte sich gegen die neuen Machthaber und ihr herrisches Auftreten. Ein anderer Teil wollte sich die neue Sprache und das westliche Wissen aneignen. Denn wer solche Schiffe bauen konnte, Feuerwaffen besass und Eisenbahnen entwickeln konnte, beherrschte die Welt. Doch der Wissensabstand zwischen den Europäern und den Afrikanern war zu gross als dass es zu fairen Handelsbeziehungen hätte kommen können. So kam es, dass dreihundert Jahre später ein großer Teil von Afrika von Europäern beherrscht wurde. Das Gemälde rechts zeigt Vasco da Gama auf seiner Erkundungsfahrt nach Afrika.

 

Europäische Handelsgesellschaften und der Sklavenhandel

Entlang der westafrikanischen Küste stießen die portugiesische Entdecker auf Küstenorte, in denen ein reger Handel mit Gefangenen existierte, die als Sklaven verkauft wurden. Meist wurden sie an die Goldminenbetreiber im heutigen Ghana verkauft oder als Haussklaven eingesetzt. Die Portugiesen schalteten sich in den Sklavenhandel ein. Handelsunterlagen belegen, wie diese Händler sich am Handel mit Gefangenen beteiligten. Sie läuteten den transatlantischen Sklavenhandel ein. Im Jahr 1444 kauften sie 235 Gefangene von afrikanischen Sklavenhändlern im Gebiet des heutigen Senegal. Sie verschleppten die Gefangenen zu ihren Inseln, wo diese als Zwangsarbeiter auf den Plantagen schufften mußten. Etwa ein Jahrhundert später begannen die Briten im Rahmen von John Hawkins Expeditionen, sich an diesem Geschäft zu beteiligen. Der englische Freibeuter nahm 1562 mit Hilfe der englischen Krone den Sklavenhandel von Afrika nach Amerika auf. Als einer der ersten englischen Sklavenhändler erwarb er durch den Handel mit Versklavten großen Reichtum. Links im Bild siehst du die Jesus of Lübeck, das Flagschiff von John Hawkins.

Die niederländische Vereinigte Ostindische Kompanie unterhielt seit 1652 im südafrikanischen Kapstadt einen Handelsposten auf dem Weg zu den lukrativen Gewürzinseln im Indischen Ozean. Von dort brachte sie versklavte Menschen ans Kap der Guten Hoffnung und verkaufte sie als billige Arbeitskräfte an die dortigen Siedler.

Zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert profitierten Händler aus Spanien, Frankreich, Portugal, Großbritannien und Deutschland vom so genannten „Dreieckshandel“: dem Kauf von versklavten Menschen aus West- und Zentralafrika, die gewinnbringend in Amerika verkauft wurden. Dort erwarben die großen Handelsgesellschaften Rum und andere Kolonialwaren, die sie in Europa als Tauschmittel für Waffen nutzten. Die Gewehre und andere Metallwaren sowie kostbare Tuche exportierten sie anschließend nach Afrika, um sie dort wieder gegen versklavte Menschen einzutauschen. Meistens wurden Jugendliche und junge Frauen und Männer gefangen und versklavt. Ähnlich wie Gold und andere Güter wurden die Menschen sogar in Tonnen gelistet. Durch Habsucht und Gier der Europäer wurde Afrika seiner Menschen und seiner Reichtümer beraubt. Mit der Anhäufung der geraubten Reichtümer wuchs Europas Drang nach globaler Vorherrschaft. Dieser Drang artete zu einer der größten Katastrophen der Menschheitsgeschichte aus. Links siehst du ein englisches Sklavenschiff von etwa 1840.

 

 

Der Wettlauf um Afrika

Um 1880 hatten die Portugiesen, Spanier, Engländer und Franzosen ihre afrikanischen Handelsposten und Missionsstationen zu Kolonien ausgeweitet. Die industrielle Revolution entfachte einen unersättlichen Hunger nach Rohstoffen. Die rohstoffreichen Länder waren besonders begehrt, deshalb kam es auf afrikanischem Boden zu erbitterten Kämpfen zwischen Franzosen und Engländern um Rohstoffe. Wer den Zugriff auf Gold, Kupfer und andere Edelmetalle, auf Elfenbein, Gummi, Kaffee oder Edelhölzer hatte, wurde die neue Weltmacht. Am begehrtesten waren die "Goldländer" in Westafrika, dazu gehörten Mali und Ghana. Kongo und die Gebiete im südlichen Afrika waren wegen Elfenbein, Kautschuk und Edelhölzern begehrt. In Ostafrika gehörten Kenia und Tansania zu den Ländern, die wegen ihres landwirtschaftlichen Reichtums umkämpft waren.

Das Deutsche Reich und sein Hunger nach Kolonien

Deutschlands Hunger nach Kolonien erwuchs erst mit der Reichsgründung 1871. Hinzu kommt, dass Deutschland auch keine traditionelle Seefahrernation war wie Spanien oder Portugal. Wie die Geschichte zeigt, war die Erkundung der weltweiten Seewege Voraussetzung für die beginnende Kolonisierung anderer Völker und Kontinente. Erst Ende des 19. Jahrhundets erhob das Deutsche Reich Anspruch auf Kolonien in Afrika und anderswo. Der deutsche Reichskanzler Graf Otto von Bismarck hatte zwar kein großes Interesse daran, Kolonien in Afrika zu gründen. Er dachte, das würde zu viel Kapital verschlingen. Doch deutsche Handelsgesellschaften drängten ihn dazu, sie bei der Ausweitung ihrer Handelsstützpunkte zu unterstützen. Die deutschen Handelsgesellschaften wollten von dem Reichtum an den Rohstoffen Afrikas profitieren. Sie waren nicht die einzigen. Als auch Belgien und Italien ihren Anspruch auf Kolonialgebiete anmeldeten, begann ein richtiger Wettlauf um Afrika.

Afrika wird aufgeteilt

Kongokonferenz in Berlin - Zeichnung von Aldalbert von Roler1884 war ein Schicksalsjahr für Afrika. Auf deutschem Boden beschlossen die europäischen Mächte, wie sie Afrika unter sich aufteilen. Der deutsche Reichskanzler Graf Otto von Bismarck lud 1884 alle europäischen Staatsführer zu einer Konferenz nach Berlin ein. Die zerstrittenen Europäer sollten den afrikanischen Kontinent friedlich unter sich aufteilen. Sie grenzten die Gebiete auf der Landkarte mit einem Lineal ab und entschieden, welches Land welche afrikanischen Gebiete bekam. Die Politiker achteten nicht darauf, dass dabei viele afrikanische Völker auseinander gerissen wurden. Kein einziger Afrikaner war bei dieser „Kongokonferenz“ anwesend und konnte etwas dagegen unternehmen!

Die Kolonien

Afrikakarte mit den europäischen Kolonialgebieten (c) wikicommons

Auf der Karte links siehst du die Aufteilung Afrikas in europäische Kolonien. Große Teile von Nord- und Westafrika wie auch Madagaskar war von den Franzosen vereinnamt. Das sind alle blau eingezeichneten Flächen. Großbritannien hatte sich im Süden und im Osten des Kontinents breit gemacht. Diese beiden Staaten waren die größten Kolonialmächte in Afrika. Ihren Reichtum bezogen sie zu einem großen Teil aus den Kolonien. Portugal beanspruchte Gebiete im Südwesten, genannt Port-Westafrika und im Osten, genannt Port-Ostafrika. Die spanischen Schutzgebiete befanden sich im Norden und Nordwesten Afrikas. Italien herrschte über die Gebiete von Libyen und Eritrea. Das riesige Kongogebiet in der Mitte des Kontinents wurde vom Belgischen König beansprucht. Deutschlands Gebiete sind braun eingezeichnet: es handelte sich um große Gebiete im heutigen Kamerun, in Tansania und Namibia. Zwei afrikanische Länder wurden nicht kolonisiert: Abessinien, das heutige Äthiopien, und Liberia.

 

Der Sonderfall Äthiopien

1935 marschierten italienische Truppen unter Benuto Mussolini in Äthiopien ein, das damals Abessinien hieß. Im sogenannten Abessinien-Krieg fiel die Hauptstadt Addis Abeba schnell in italienische Hände. Der italienische König übernahm den äthiopischen Kaisertitel. Die italienische Armee eroberte nur einen Teil des Landes. Vor allem die schwer zugänglichen Gebirgsregionen blieben unter äthiopischer Herrschaft. Die Äthiopier betrachten deshalb die italienische Herrschaft nur als vorübergehende Besetzung. Bis heute behaupten sie, dass ihr Land als das einzige auf dem Kontinent niemals Kolonie war. In Wirklichkeit aber hatten die italienischen Kolonialmächte für einige Jahrzehnte die Herrschaft über das Reich. Daher ist dieses Gebiet nicht vollständig hellgrün, sondern hellgrün gestreift. Die italienischen Kolonialmächte sperrten Widerstandskämpfer in Konzentrationslager und verübten schlimme Gräueltaten an der Bevölkerung.

 Mehr über Äthiopien

Warum Liberia nicht kolonisiert wurde

Liberia ist der kleine, weiße Fleck an der Westküste von Afrika. Das Land exisitert erst, seit die Sklaverei abgeschafft wurde. Einst gehörte das Gebiet zur Kolonie Sierra Leone. Als in Amerika die Sklaven befreit wurden, stellte sich die Frage, wo sich die Befreiten ansiedelten sollte. Hier kommt die amerikanische Gesellschaft "American Colonization Society" ins Spiel. Diese Gesellschaft wollte befreiten Sklaven die Rückkehr nach Afrika ermöglichen. Dazu kaufte sie den  britischen Kolonialherren einen Teil von Sierra Leone ab. Genau das Gebiet, das an der Küste liegt. Hier konnten sich befreite Sklaven ansiedeln. 1821 gründeten sie die Stadt Monrovia, und bald entstanden weitere Siedlungen und Städte. Das Land wurde Liberia genannt, das bedeutet "das Land der Befreiten". Es wurde zur ersten Republik auf dem afrikanischen Kontinent.

 Mehr über Liberia

Was genau bedeutet Kolonisierung?

Der französische Minister für Kolonien M.Moutet besucht Dakar

Anfangs traten europäische Herrscherhäuser als Schutzmacht gegenüber afrikanischen Königshäusern auf. Wenn afrikanische Völker untereinander im Streit lagen, mischten sich die Europäer ein und belieferten das "beschützte" Volk mit Waffen. Gegen Steuerabgaben versprachen die Europäer, eine heimische Verwaltung aufzubauen und Straßen zu bauen. Dafür durften die Europäer im afrikanischen Land Bodenschätze abbauen wie Gold, Kupfer und andere Rohstoffe. Der Bau der Eisenbahn in den Kolonien beschleunigte den Abtransport der Bodenschätze. Die einheimische Bevölkerung staunte, als sie die erste Dampflok durch das Land fahren sah. Manche fragten sich, welche höhere Macht den Weißen so ein Wunderwerk bescherte. Für die Europäer erwies sich die Eisenbahn als profitabel. Woche um Woche wurden die wertvollen Bodenschätze aus dem Land geschafft und nach Europa transportiert. Die Europäer wurden reich, während die Einheimischen in Armut lebten. Als die Europäer die Einheimischen zur Zwangsarbeit verpflichteten, verschlimmerte sich die Lage der afrikanischen Bevölkerung. Alle Kolonialmächte unterdrückten die afrikanischen Völker und beraubten sie ihrer Bodenschätze. Jedoch gingen einige Mächte besonders grausam gegen die Einheimischen vor, zu ihnen zählte die belgische Kolonialmacht, die eine Schreckensherrschaft über dem Kongo errichtete. Auch die deutsche Kolonialmacht beging Völkermord an den Herero in Namibia. Es kam in nahezu allen Kolonien zu Aufständen von afrikanischen Widerstandskämpfern. Etwa ein Jahrhundert dauerte der Kampf, bis sich fast alle afrikanische Völker von den  Kolonialmächten befreien konnten und unabhängig wurden. Auf dem Foto rechts sieht du den französischen Minister für Kolonien M.Moutet, der Dakar besucht.

So funktionierte der Sklavenhandel