Der Islam erobert Afrika
Das Wahrzeichen des Islam, der Halbmond mit dem Stern, findet sich heute in vielen Flaggen nordafrikanischer Länder. Warum das so ist, ist eine lange Geschichte, die bis ins 1. Jahrhundert nach Christus zurück reicht.
Ein Kaufmann namens Mohammed stiftet den Islam
Man schrieb das Jahr 622 nach Christus. Der ehemalige Karawanenführer und Händler Mohammed ibn Abd Allah lebte zu der Zeit in der arabischen Stadt Mekka. Er berichtete von Offenbarungen des Erzengels Gabriel, der ihm seit seiner Kindheit erschienen war. Seine unerschütterliche Hingabe an Gott erweckte bei den Arabern seiner Zeit großen Eindruck. Nach seinem Tod wurden seine Offenbarungen in dem heiligen Buch des Koran niedergeschrieben. Seine Religion, der Islam, verbreitete sich im nächsten Jahrhundert in ganz Nordafrika.
Mohammed hatte afrikanische Wurzeln
Der arabische Prophet Mohammed gehörte zu einem arabischen Stamm, der am Roten Meer lebte. Auf der anderen Seite des Roten Meeres lag das Reich von Abessinien, das heutige Äthiopien. Zwischen Arabern und Äthiopiern bestanden rege Verbindungen. Eine Frau aus Äthiopien zählte zu Mohammeds Vorfahren. Auch seine Amme und seine Kinderfrau stammten aus Afrika. So hatte Mohammed schon früh eine besondere Verbindung zum afrikanischen Kontinent. Er predigte, den Armen zu helfen und gegen die Auswüchse der Skalverei zu kämpfen. Diese Botschaft kam bei einigen Afrikanern an, die als Sklaven bei Arabern in Diensten standen. Einige unter ihnen wurden bald zu seinen überzeugtesten Anhängern. Zu ihnen zählte Bilal, ein äthiopischer Sklave. Bilal hörte von dem Prediger und nahm den Glauben des Islam an. Wegen seiner schönen Stimme erhielt er die Aufgabe, die Gläubigen zum Gebet zu rufen. Er gilt als der erste afrikanische Muezzin und wird als Vorfahr afrikanischer Muslime verehrt.
Der Islam erobert Nordafrika
639 war ein wichtiges Jahr in der Geschichte Afrikas. In diesem Jahr fiel der Feldherr Amr ibn al-As mit einem Heer von 4000 Muslimen in Ägypten ein. Amr ibn al-As war ein Nachfolger von Mohammed. Er eroberte Ägypten, das zu der Zeit die reichste Provinz von Byzanz war. In seinem Heereslager ließ er eine Moschee errichten, die seinen Namen trug. Aus diesem Lager entstand später die Stadt Kairo. In den folgenden Jahren eroberte die Streitmacht die gesamte afrikanische Mittelmeerküste. Im heutigen Tunesien gründeten sie Kairouan als Hauptstadt der neuen Provinz. Erbitterten Widerstand leisteten nur die Berber. Nach vielen Kämpfen wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Für die unterworfenen Völker bestand die Möglichkeit, den neuen Glauben anzunehmen. Wenn sie Christen bleiben wollten, mussten sie einen Tribut leisten. Mehr und mehr Araber ließen sich in Ägypten nieder. Sie siedelten sich in den christlichen Königreichen als Händler und Viehzüchter an.
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Der Islam verändert Westafrika
Bereits im 8. Jahrhundert gelangte der Islam durch arabische Händler nach Westafrika. Könige in Westafrika schätzten die Araber als gute Kaufleute und Gelehrte. Unter dem Einfluss arabischer Gelehrter blühten Wissenschaft und Kunst auf. Zahlreiche westafrikanischen Herrscher schlossen sich dem Islam an. Moscheen wurden gebaut, darunter die Moschee in Chinguetti im heutigen Mauretanien. Zentren des Wissens entstanden wie in der Stadt Timbuktu im heutigen Mali. Es dauerte noch drei Jahrhunderte, bis der Islam auch bei den westafrikanischen Völkern fest verankert war.
Die Verbreitung des Islam mit dem Schwert
Zu Beginn des 11. Jahrhunderts gründeten islamische Mauren im Gebiet zwischen Marokko und Mauretanien das Almoraviden-Reich. Die Almoraviden verbreiteten den Islam mit dem Schwert. Es war der erste Djihad, der heilige Krieg des Islam, der den Norden Afrikas erschütterte. Die Almoraviden eroberten Teile von Ghana. Sie drangen bis nach Ägypten vor. Sie setzten über auf den europäischen Kontinent und eroberten die südliche Hälfte Spaniens. Die Spuren ihrer Herrschaft sind heute noch in der maurischen Bauweise vieler spanischer Städte erhalten.
Der Heilige Krieg wird ausgeweitet
Der Gelehrte Sheik Osman ibn Fodio führte „heilige Kriege“ gegen die Herrscher der Hausa-Reiche am Niger. Er erhielt Unterstützung von einheimischen Völkern, die von ihren Herrschern gnadenlos ausgebeutet wurden. Sie hofften, die neue Religion würde ihnen mehr Gerechtigkeit verschaffen. Der Islam wurde im 18. Jahrhundert zur bestimmenden Macht in Nord- und Westafrika.
Arabische Handelsstationen an der Ostküste
In Ostafrika trat der Islam seinen Siegeszug im 8. Jahrhundert an. Mit arabischen Kaufleuten und Händlern verbreitete sich der Glaube von Ägypten bis hinunter nach Mosambik. Handelsstationen an Küstenorten und auf Inseln wie Sansibar wurden errichtet. Afrikanischer und islamischer Glaube vermischten sich. Der Handel mit China begann immer wichtiger zu werden. Durch den Handel mit dem chinesischen Reich wurden die ostafrikanischen Handelsstationen im 14. Jahrhundert führend. Der Islam wurde zum beherrschenden Glauben an der Ostküste.
Der Islam im heutigen Afrika
Über viele Jahrhundete hinweg hat die Lehre von Allah den Kontinent in einen islamischen Norden und einen afrikanischen Süden zu spalten. Diese Spaltung besteht bis heute. Fast die Hälfte aller Afrikaner sind Anhänger des Islam. Viele pflegen daneben ihren afrikanischen Glauben. In den ärmeren Regionen von Nord- und Westafrika sind es vor allem die Koranschulen, die zumindest den Jungen eine Bildung verschaffen, in denen sie lesen und schreiben lernen. Mädchen allerdings ist der Besuch der Koranschulen verwehrt.
Muslime und Islamisten – was ist der Unterschied?
Muslime pflegen ihren Glauben, doch sie erkennen die Gesetze der jeweiligen Staatsordnung an und respektieren Angehörige eines anderen Glaubens. Fanatische Gotteskrieger, die mit Gewalt Andersgläubigen den Islam aufzwingen wollen, werden Islamisten genannt. Sie wollen einen Gottesstaat errichten, mit der Sharia als Rechtsordnung. Besonders in Sahel-Ländern zwischen Nord- und Westafrika haben sich Anhänger des Islam radikalisiert. Hier kommt es wegen islamistischer Umtriebe immer wieder zu Terroranschlägen. Dazu zählen Niger, Mali oder Nigeria. Auch in Ostafrika, in Somalia und Kenia versetzen Terrorgruppen die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Die Terrorgruppen kämpfen für einen islamistischen Gottesstaat. Sie mißachten die Gesetze der Länder und wollen die Scharia einführen, das islamische Rechtssystem.
Was ist die Scharia?
Das Wort Scharia bedeutet „Pfad“ und bezeichnete anfangs den Glauben oder den religiösen Weg. Später wurde das Wort auf die islamische Gesetzgebung angewandt. Scharia umfasst rituelle Vorschriften etwa zu Gebeten, dem Fasten im Ramadan, die Pflichtabgabe zugunsten der Armen und die Pilgerfahrt. Aber auch das Regeln von Familienangelegenheiten, Handelsgesetze und das Strafrecht fallen unter die Scharia. Für Islamgläubige gilt die Scharia als göttliches Recht. In Wirklichkeit sind die meisten Regeln und Vorschriften von Rechtsgelehrten über Jahrhunderte entwickelt worden. In vielen islamischen Ländern gelten die Regeln der Scharia heute noch, obwohl die meisten veraltet sind.