Aufwachsen in einer afrikanischen Familie
Wie ist das Leben in einer afrikanischen Familie? Unterscheidet es sich sehr von dem Leben in Europa? Macht es einen Unterschied, ob man auf dem Land aufwächst oder in der Stadt? Und wie ist das Familienleben in den nordafrikanischen Staaten, wo die meisten Familien nach den Regeln des Islam leben? Komm mit auf einen Streifzug durch die afrikanischen Regionen und lese, was afrikanische Kinder berichten.
Die afrikanische Großfamilie
Fast die Hälfte aller Kinder im südlichen Afrika lebt auf dem Land. Sie wachsen in der Großfamilie auf und müssen schon früh im Haushalt und auf den Feldern mithelfen. Zum Spielen bleibt nicht viel Zeit. Auf dem Land herrschen noch die Regeln der Großfamilie und der Dorfgemeinschaft. Zu jeder Großfamilie gehören mehrere Generationen: Großeltern, Eltern, Kinder, Tanten, Onkels, Cousinen und Cousins. Jedes Kind hat mehrere Geschwister. Sie stammen nicht immer von derselben Mutter ab, denn in einigen Regionen Afrikas sind die Männer mit mehreren Frauen verheiratet. Von jedem Kind wird erwartet, dass es Verantwortung für seine Aufgaben übernimmt.
Die meisten Mütter tragen zum Familienunterhalt bei
Die meisten Mütter arbeiten auf den Feldern oder auf den Märkten, deshalb werden die Kinder oft von den Großeltern erzogen. Die Erziehung ist streng, denn das Leben ist beschwerlich und alle müssen mithelfen. Auch die Kinder. Die älteren Mädchen helfen im Haushalt mit und kümmern sich um die jüngeren Geschwister. Die älteren Jungs helfen bei der Feldarbeit mit, versorgen Haustiere, hüten Rinder oder Ziegen und übernehmen auch schon mal den Verkauf der Feldfrüchte auf dem Markt.
Wie bestimmend sind die Väter?
In den bäuerlichen Gesellschaften bestimmten früher die Väter über die Familie. Sie entschieden, was angebaut wird, welches Vieh angeschafft wird oder was die Kinder lernen sollten. Sie sorgten für die schwachen Mitglieder in der größeren Familie und bestimmten darüber, welches Mädchen mit welchem Jungen verheiratet werden sollte. Die Erziehung war oft streng, denn das Leben war hart. Heute ist das nicht mehr ganz so. Immer mehr Frauen verdienen mit und bestimmen mit.
Kinder sind ein Geschenk der Götter
Jede Geburt ist ein freudiges Ereignis, nicht nur für die Eltern, sondern für die gesamte Großfamilie und das Dorf. Denn jedes Kind bereichert die Gemeinschaft und trägt später zur Versorgung der Älteren bei. Die Geburt eines Kindes wird auch als Zeichen dafür begrüßt, dass die Ahnen der Gemeinschaft wohlwollend gesinnt sind. Für die Erziehung der Kinder fühlt sich das ganze Dorf zuständig. Bei den Massai zum Beispiel gibt es den kneifenden Mann, der Furcht erregend aussieht und nur dazu da ist, um die unartigen Kinder zu bestrafen.
Wer kümmert sich um die alten oder kranken Menschen?
Fürsorge ist die oberste Regel in afrikanischen Familien. Die Familie zieht verwaiste Kinder aus der Verwandtschaft groß, kümmert sich um geschiedene Mitglieder und um verarmte oder arbeitslose Angehörige. Wenn die Großeltern alt und gebrechlich sind, kümmern sich die Kinder um sie. Deshalb gibt es fast keine Altenheime in afrikanischen Ländern. Ausnahmen sind Südafrika und Ägypten.
Aufwachsen in der Großstadt
Wenn du zu einer Familie in eine Großstadt kommst, ist das Familienleben dem in Europa schon ähnlicher als auf dem Land. Denn in den Städten leben die Familien nach dem Vorbild westlicher Staaten. Ihr Vorbild sind amerikanische Familienserien, die in Afrika sehr beliebt sind. Es gibt kaum mehr Großfamilien. Die Frauen bekommen auch weniger Kinder. Sie sind selbständiger als ihre Mütter und Großmütter. Wenn sie eine Ausbildung haben, gehen sie wie die Männer einer geregelten Arbeit nach. Während dessen kümmern sich häufig ihre Großmütter um die Kinder. So kommt es, dass in den Städten viele Kinder von den Großmüttern erzogen werden. Allerdings kommen die Familien bei den großen Festen wie Weihnachten und Neujahr, oder bei Geburten und Hochzeiten wieder zusammen. Dann feiern sie im Kreis der Großfamilie auf dem Land.
Aufwachsen in einer Nomadenfamilie
Das Aufwachsen in einer Berberfamilie ist spannend. Die Berbervölker leben verstreut in den Ländern Nordafrikas, in Algerien, Niger, Malis und Marokko. Ein Teil von ihnen lebt noch wie Nomaden. Das Leben auf Wanderschaft ist für Kinder beschwerlich, aber sie genießen auch größere Freiheiten. Die Männer und die ältern Jungen sind einen Teil des Jahres mit ihren Viehherden auf Wanderschaft. Die Tuareg, die auch zu den Berbern zählen, ziehen mit ihren Kamelherden zu den Salzoasen. Die Berber leben in Großfamilien. Die Familie ist sehr wichtig, denn ohne sie kann kaum einer in den Gebirgen, Steppen und Wüsten überleben. Die Familie ist wie ein Kleinbetrieb. Die Männer kümmern sich um das Vieh und die Frauen verarbeiten die Produkte aus der Tierzucht, fertigen Schmuck an oder weben bunte Stoffe. Ihre Waren verkaufen sie auf den Märkten oder tauschen sie gegen Tee, Obst und Gemüse. Die Mädchen helfen schon früh bei dieser Arbeit und auch beim Verkauf.
Daniel aus dem Tschad beschreibt einen Tag in seiner Familie so:
"Wir sind jeden Morgen ziemlich früh aufgestanden. Noch vor Sonnenaufgang sind wir zu unserem Vater gegangen und haben ihn begrüßt. Während dieses Familientreffens gab uns unser Vater Anweisungen für den Tag. Er fragte nach, wie es jedem in der Familie geht und ob alle gesund sind. Umgekehrt erzählte er uns auch, was er den Tag über machen wollte. Dann beteten wir gemeinsam. Danach besuchte mein Vater das Haus unseres Onkels. Dieser Onkel hatte einst ihn großgezogen, als sein Vater gestorben war. Er half ihm auch dabei, eine Familie zu gründen. Jeden Morgen besuchte er unseren Onkel. Danach kehrte er zurück und kümmerte sich um alle anderen, die unter seinem Dach lebten. Warum standen wir alle so früh auf, um mit der Familie zusammen zu sein? Die Familie ist für uns Afrikaner sehr wichtig. Unsere Familie ist mehr als nur Eltern und Geschwister. Wir gehören zu einer Großfamilie."
Schon gewusst? Manchmal bezeichnen sich Dorfbewohner untereinander als Brüder. Je größer die Familie ist, um so stolzer ist man darauf und um so sicherer fühlt man sich.
Hier geht es zum Tag des afrikanischen Kindes