Käptn Kidd und John Avery auf Madagaskar
Das goldene Zeitalter der Piraten war zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert. In dieser Zeit bekriegten sich fast alle europäischen Nationen auf See. Piraten waren an vorderster Front mit dabei, sie gingen im Auftrag ihrer Königshäuser auf Raubzug. Man nannte sie Freibeuter. Bald entglitt den Herrschern das Piratenwesen. In der Karibik waren die Piraten weit weg von den heimischen Auftraggebern in Europa. Sie plünderten und raubten Städte aus, wie es ihnen gefiel. Die verwegensten Kapitäne rissen sich die kostbaren Silberschätze, Rum und Zuckerrohr unter den Nagel. Von da an bekämpften die europäischen Regierungen gemeinsam die Piraten. Den Piraten suchten sich neue Jagdgründe in Afrika.
Piraten aus der Karibik machen Afrikas Küsten unsicher
Einige zogen sich zurück an die zerklüfteten Küsten von Westafrika. Die Mehrzahl jedoch segelte Richtung Madagaskar. An der sogenannten "Pfefferinsel" Madagaskar führten zwei Seewege Richtung Indien vorbei. Die Schiffe, die hier verkehrten, waren das neue Ziel der Piraten. Sie verschanzten sich in versteckten Buchten in Madagaskar und überfielen die Schiffe der großen Handelsgesellschaften Europas und Indiens.
Wo liegt das Silber von Käptn Kidd
Die afrikanischen Inseln im Indischen Ozean waren Anziehungspunkt für Piraten, seit Vasco Da Gama den Seeweg nach Indien entdeckt hatte. Auf diesen Routen wurden exotische Gewürze, kostbare Seidenwaren, die unermesslichen Goldschätze und Edelsteine wie auch Sklaven transportiert. Als die Piraten aus der Karibik vertrieben wurden, nahmen sie Kurs auf Madagaskar und errichteten zwischen 1680 und 1720 auf der Gewürzinsel ihren neuen Stützpunkt. Madagaskar war damals nur dünn besiedelt, lieferte jedoch zahlreiche gut geschützte Ankerplätze. Bekannte Piraten wie William Kidd, La Buse und Thomas Tew verschanzten sich hier und machten Jagd auf die Handelsschiffe der Ostindienkompanien. Sie hatten es aber auch auf die indischen Frachtschiffe abgesehen sowie auf Pilgerflotten, die zwischen Indien und Arabien segelten. Die reichen muslimischen Mekka-Pilger führten häufig Juwelen und andere Kostbarkeiten mit sich.
Avery, der König der Piraten
Auch der englische Kapitän John Avery gelangte nach Madagaskar. Der einstige Piratenjäger hatte sich nach zahlreichen Einsätzen in der Karibik für eine Laufbahn als Pirat entschieden. Er kaperte das Schiff 'The Duke' und segelte nach Madagaskar. Von hier aus ging er in den Gewässern des Indischen Ozeans auf Raubzug. Sein größter Fang war ein Schiff des mächtigen Grossmoguls Aureng-Zeb. Das Schiff war beladen mit Geld und Gold, der Tochter des Moguls und zahlreichen Sklaven. Der Grossmogul empörte sich bei den Engländern über den dreisten Diebstahl ihres angeblichen Piratenjägers. Doch seine Tochter und seine Reichtümer sah er nie mehr wieder. John Avery liess sich mit seiner Beute auf einer kleinen Insel vor Madagaskar nieder. Von diesem Stützpunkt aus segelte er auf neue Fangzüge in die riesigen Weiten des Indischen Ozeans hinaus. Seine reiche Beute nährte die Vorstellung vom immensen Reichtum. Doch niemand wusste, wo er seine Reichtümer versteckt hatte. Wetten, dass er das Vorbild für "Kapitän Singleton" war, den Piratenroman von Daniel Defoe?
Schon gewusst? Ein Forscherteam aus den USA hat 2015 auf der Insel Sainte-Marie vor der Ostküste Madagaskars möglicherweise Teile eines Schatzes des berüchtigten Piratenkapitäns William Kidd entdeckt: einen 50 kg schweren Silberbarren.