Völker und Sprachen
Die Völker Marokkos
Marokko ist das westlichste muslimische Land in Afrika. In Marokko leben Araber und Berber. Die Berber selbst bezeichnen sich als "Amazighe", als "Freie". Der Name Berber bedeutet ursprünglich "Barbaren", so nannten die Römer alle Völker, die nicht der römischen oder griechischen Zivilisation angehörten. Später wurde der Begriff "Berber" auf die Völker des nordwestlichen Afrikas eingegrenzt. Rund 60 Prozent der Bevölkerung sind arabisch sprechende Marokkaner. Die Berber sind die ältesten Bewohner des Landes. Sie machen etwa 40 Prozent der Bevölkerung aus. Ein Großteil der Bevölkerung Marokkos lebt in den Küstengebieten im Norden und Nordwesten und auf den fruchtbaren Ebenen des Landes. Knapp die Hälfte hat sich in den Städten niedergelassen. Die Berbervölker leben in den Gebirgszügen des Rif und des Hohen Atlas sowie in den Oasen südlich der Gebirge. In den Städten wohnen sie in verwinkelten Stadtburgen, den Kasbahs.
Leben in der Großfamilie
Die Familie ist alles, das gilt auf dem Land ebenso wie in der Stadt. Auf dem Land ist die Großfamilie beherrschend. Sie besteht aus mehreren Kleinfamilien, jeder hilft jedem und jeder steht für den anderen ein. Häufig leben die Kinder nicht bei den Eltern sondern bei Geschwistern oder anderen nahen Verwandten. Der älteste Mann ist der Familienvorstand und darf über seine Kinder bestimmen. Die älteste Frau oder Mutter hat offiziell wenig zu sagen. doch sie ist diejenige, die das Leben innerhalb der Familie bestimmt. Sie bestimmt den Werdegang der Kinder und stiftet Ehen. Jeder ist für die Ehre der Familie verantwortlich. Alle Arbeitenden müssen ihren Verdienst beim Familienoberhaupt abgeben, der das Einkommen verwaltet. Auf dem Land arbeiten Kinder schon früh mit. Die Jungs versorgen das Vieh oder helfen bei der Feldarbeit.
Die Mädchen kümmern sich um die jüngeren Geschwister, helfen bei der Hausarbeit oder betreiben mobile Verkaufsstände auf den Märkten, wie auf dem Foto oben. Arbeit für Kinder unter 12 Jahren ist verboten. Doch ohne die Mithilfe ihrer Kinder würden viele Familien auf dem Land nicht über die Runden kommen. Da ist manchmal auch die Schule nebensächlich. Die Regierung versucht dagegen zu steuern und die Schulpflicht überall durchzusetzen, aber arme Familien können auf den Zuverdienst ihrer Kinder nicht verzichten. Kinder in den Städten gehen regelmäßiger zur Schule. Hier leben mehr Menschen mit einem mittleren Einkommen, die auf die Bildung ihrer Kinder achten. Nur die Ärmsten in den Slums großer Städte schicken ihre Kinder auf die Straße zum Schuheputzen, Zigarettenverkaufen oder "vermieten" sie an professionelle Bettlergruppen. Das ist verboten, aber es ist nicht so selten. Vor allem in den Touristenzentren können Kinder durch Betteln an einem Tag das Essen für die ganze Familie zusammentragen.
Sprachen
Amtssprachen sind Arabisch und Tamazight, eine Sprache der Berber. Die meisten Marokkaner sprechen ein marokkanisches Arabisch, Darija, das eine Mischung aus Arabisch und Berbersprache ist. Für die meisten Kinder in Marokko bedeutet es, dass sie mit drei Sprachen aufwachsen: Arabisch, Französisch und Darija, das ist eine marokkanische Variante des Arabischen. Berberkinder sprechen ihre Berbersprache. Die bekannteste Berbersprache ist Tamazight, das in einigen Schulen auch unterrichtet wird. Kinder aus Berberfamilien müssen neben ihrer Muttersprache arabisch lernen, denn das ist Schulsprache. Wenn sie später einen anspruchsvollen Job wollen, dann müssen sie auch französisch beherrschen. Denn Französisch ist als Handels- und Bildungssprache wichtig und wird von vielen Marokkanern gesprochen.
Glaube
Marokko ist das westlichste muslimische Land. Fast alle sind Muslime, bis auf die Berbervölker. Die Bewohner Marokkos sind sehr gläubig. Sie gehören den Sunniten an, wie die meisten Nordafrikaner. Die Gesetze und Riten des Islam bestimmen den Alltag. Sie prägen das Leben in der Familie, die Erziehung der Kinder und den Schulalltag.Dazu gehört auch das fünfmalige Beten am Tag und die religiösen Feiertage. Auch die Politik wird vom Islam bestimmt, denn er ist in Marokko Staatsreligion. Das bedeutet, dass Staat und Religion nicht getrennt sind. Der König ist laut Verfassung sogar die höchste religiöse Autorität. Moscheen und Medresen, in denen noch die Freitagspredigt gehalten wird, dürfen nur von Muslimen betreten werden. Wer eine Moschee besichtigen möchte, muss angemessene Kleidung tragen, Frauen sollten auch die Haare mit einem Tuch bedecken.
Die Berber übernahmen von den einfallenden arabischen Gotteskriegern im 8. Jahrhundert den Islam. Doch sie pflegen daneben ihren alten, afrikanischen Glauben. In diesem Volksglauben der Berber spielen mystische Vorstellungen und der Glaube an magische Kräfte eine große Rolle. Eine besondere Bedeutung besitzt "Baraka", der göttliche Segen. Menschen können "Baraka" haben, aber auch Gegenstände, Pflanzen, Tiere, oder bestimmte Substanzen. Viele Marokkaner gehen bei körperlichen oder seelischen Beschwerden nicht zum Arzt, sondern zu einem Heiler oder einer Heilerin. Viele glauben auch an Geister. Bei Besessenheit befragen die Heiler ihren „Dschinn“. Das ist ihr persönlicher Geist, den sie in Trance befragen und der ihnen aus der anderen Welt eine Botschaft mitteilt. Die Berberfrauen färben mit Hennafarbe Muster auf Gesicht und Hände, denn sie glauben, dass sie das vor Unglück schützt. Die Berber haben nicht nur ihren alten Glauben bewahrt. Sie feiern auch andere Feste als die Araber.
Schon gewusst? Die meisten Burgen in Marokko sind aus Lehm und müssen jedes Jahr neu verputzt werden.
Märchen und Geschichten aus Marokko
Auf den Marktplätzen von Marrakesch bieten noch heute die Märchenerzähler ihre Kunst feil. Ihre Geschichten handeln von alten Palästen, von Reichtum und Armut, von finsteren Verschwörungen und unglücklicher Liebe wie die Geschichte von Bayad und Riyad. Bayad war der Sohn eines Händlers aus Damaskus, der in Liebe für die Sklavin Riyad entbrannte. Neben Märchen aus Arabien werden viele Märchen über Tiere erzählt. Natürlich handelt es sich hier um die Tiere der Wüste. Es geht um den Wettbewerb zwischen Wüstenfuchs und Igel oder um den törichten Esel, wie in dem Märchen unten.
Berühmte Persönlichkeit: Ibn Battuta, der Weltreisende