Die Tierwelt von Madagaskar
Sollte es dich jemals auf eine einsame Insel verschlagen wie die tierischen Helden im Film Madagascar, und dir läuft ein Lemur über den Weg, dann bist du in Madagaskar gelandet. Kein Zweifel. Denn die kleinen Tiere mit den großen Augen gibt es nur hier! Lemuren sind aber nicht die einzigen Geschöpfe, die nur auf Madagaskar vorkommen. Mehr als neunzig Prozent aller Tiere leben nur hier und nirgendwo sonst auf der Welt.
Die einzigartige Tierwelt von Madagaskar
Die Insel wurde vor 150 Millionen Jahren von Afrika getrennt. Dadurch gibt es auf Madagaskar viele Tiere, die nirgendwo sonst auf der Erde vorkommen. Man nennt diese Tiere endemisch. Andererseits fehlen hier die großen Wildtiere, die sich auf dem afrikanischen Kontinent entwickelt haben wie Gorillas, Elefanten oder Giraffen. Über neunzig Prozent aller Tiere kommen nur hier vor! Zu diesen besonderen Tieren zählen die Lemuren. Die niedlichen Halbaffen gehören zu den Stars in dem Film Madagascar. Auf dem Foto unten siehst du einen Indris, die größte Lemurenart.
Natürlich kommen auch viele Arten vor, die du niemals in dem Film sehen konntest wie selbstklebende Fledermäuse, Riesenratten und exotische Insekten. Die einzigartige Pflanzen- und Tierwelt ist durch die rasch wachsende Bevölkerung leider stark bedroht.
Lemuren – die cleveren Halbaffen von Madagaskar
Julian, Maurice und Mort aus dem Film Madagascar haben viele dazu bewegt, sich mehr für die aufgeweckten Halbaffen zu interessieren. Seitdem wissen wir einiges über die Lemuren: sie sind keine Einzelgänger, sie sind musikalisch und sie tanzen gern. Abgesehen davon, dass sie ganz schön eigenwillig sein können. Tatsache ist, dass mehr als 100 Arten von Lemuren durch die Wälder von Madagaskar toben. Und immer wieder werden neue Arten entdeckt. Die Mehrzahl ist leider bedroht. Lemuren leben in den Regenwäldern im Osten des Landes und in den Baobabwäldern. Leider verschwinden die Wälder auf der Insel immer mehr. Dabei hätten wir Menschen alles Interesse, die niedlichen Baumbewohner zu schützen. Die urzeitlichen Insektenfresser gelten als Urahnen aller Primaten, zu denen Affen zählen und letztlich auch wir Menschen. An ihren Genen konnte man feststellen, dass sie zu einer älteren Entwicklungsform gehören als "moderne" Affen wie Paviane oder Schimpansen.
Die bekannteste Lemurenart sind die Katta. Die putzigen Felltiere besitzen ein grauweißes Fell und einen schwarz-weiß gestreiften, buschigen Schwanz. Im Unterschied zu anderen Lemurenarten sind die Katta hauptsächlich tagaktiv. Katta verbringen viel Zeit am Boden. Und wie im Film tanzen sie gerne. Sie leben in Gruppen von 13 bis 15 Tieren, die von einem Weibchen angeführt werden. Katta sind als Allesfresser bekannt, doch Obst zählt zu ihrer Lieblingsspeise.
Die Indris und die Seelen der Ahnen
Die größte Lemurenart sind die Indris, schwarz-weiße Baumbewohner. Die Indris leben als Paar und sind sehr treu. Nur wenn ein Partner stirbt, suchen sie sich einen neuen Gefährten. Bekannt sind Indries für ihre Morgengesänge, die sie im Duett anstimmen. Von 7.00 bis 11.00 Uhr erklingen ihre lauten Gesänge durch den Wald. Die Ureinwohner Madagaskars verehren sie als heilige Wesen. Die Primaten sind tagaktiv. Sie besitzen die Angewohnheit, ausgiebige Sonnenbäder zu nehmen. Die Ureinwohner haben daraus den Schluss gezogen, dass die Lemuren die Sonne anbeten. Einige glauben sogar, dass die Seelen der Toten in den Indris weiterleben. Für den Bestand der Indris ist der Aberglaube äußerst vorteilhaft. Sie werden nämlich nicht wie andere Lemuren von der Bevölkerung gejagt.
Die Spechte unter den Lemuren
Die Mausmakis, die nicht größer als 16 cm sind, zählt man zu den Katzen- und Zwergmakis. Wie du auf dem Foto rechts siehst, besitzen sie lange Finger und werden deshalb auch Fingertiere genannt. Sie gehören zu den seltensten Tierarten der Welt. Sie sind Insektenfresser und tun das, was bei uns die Spechte erledigen. Sie reinigen die Baumrinden von Insekten. Mit ihrem extrem dünnen Mittelfinger pulen sie wie mit einer Art Sonde ihre Beute unter den Baumrinden hervor. Außerdem sind sie wahre Hör-Spezialisten. Mit ihren riesigen, fledermausartigen Ohren können sie sogar das Nagen der Insekten im Holz hören!
Fossas – die Feinde der Lemuren
Fossas sind Schleichkatzen und stellen das größte madagassische Raubtier dar. Sie können bis zu 1,5 m lang werden. Sie sind größer wie unsere Hauskatzen aber kleiner wie Panther oder Leoparden, ihre größeren Verwandten auf dem afrikanischen Kontinent. Fossas jagen Vögel und kleine Säugetiere. Ihre Hauptnahrung bilden jedoch alle Arten von Lemuren. Einige Fossaarten sind nachtaktiv, wie Katzen eben.
Fossa sind wehrhafte Einzelgänger. Nur wenn sie jung sind, wie unsere drei kleinen Fossas links im Bild, leben sie zusammen. Sie jagen am Boden und auch auf den Bäumen. Deshalb sind sie für Lemuren besonders gefährlich. Bei der Paarung geht es ziemlich laut und aggressiv zu. Schon von weitem hört man das Kreischen der Männchen, die um ein Weibchen kämpfen.
Mangusten sind die etwas kleineren Raubtiere, die vor allem in den Wäldern von Madagaskar leben. Im Unterschied zu den Fossa sind die Mangusten gesellige Raubtiere. Der größte Vorteil des geselligen Lebens ist der Schutz vor Feinden. Da in Gruppen lebende Mangusten vor allem in offenen Habitaten leben, sind sie hier für potenzielle Feinde besonders gut sichtbar. Wenn mehrere Mitglieder einer Gruppe wachsam sind, wird ein Jäger früh bemerkt, so dass alle rechtzeitig in ihren Bau flüchten können. Sie verteidigen sich auch gemeinsam gegen Angreifer.
Mangusten sind überwiegend Insektenfresser. Auf der Nahrungssuche sind Mangusten ständig in Bewegung. Sie fressen Insekten und suchen im Unterholz, im Erdreich oder im Kot großer Wirbeltiere nach Nahrung. Sie verzehren auch Wirbeltiere und Schlangen. Hartschalige Beute nehmen sie zwischen die Vorderpfoten und schleudern sie nach hinten gegen eine harte Fläche, um sie zu knacken. Der Nachwuchs wird für gewöhnlich nach einer Tragzeit von 40 bis 80 Tagen in einem Bau zur Welt gebracht. Der Wurf kann bis zu sechs Junge umfassen, die in der Regel nach vier Wochen den Bau verlassen. Hier sorgen neben der Mutter auch weitere Artgenossen für die Jungen. Die Individuen, die selbst keine Jungen versorgen, leisten dabei den größten Beitrag.
Von Fledermäusen und Flughunden
Wo Rinder sind, sind auch Fledermäuse nicht weit. Und wo Baobabbäume wachsen, sind auch Flughunde in der Nähe. Flughunde und Fledermäuse unterscheiden sich vor allem hinsichtlich ihrer Größe. So kann die Flügelspannweite der Flughunde bis zu einen Meter betragen. Auch haben sie im Gegensatz zu Fledermäusen kein Ultraschall-Orientierungssystem. Stattdessen verfügen sie über ein ausgezeichnetes Sehvermögen. Man erkennt die „flying foxes“, wie sie im Englischen bezeichnet werden, an ihrem fuchsartigen Kopf und ihrem rötlich-braunen Fell. Flughunde ernähren sich vegetarisch und ausschließlich von Obst. Besonders begehrt sind die Früchte des Baobabbaumes. Die Fledermäuse sind vorwiegend Insektenfresser, aber auch Obst verschmähen sie nicht. Sie sind mit drei Arten in Madagaskar vertreten. Eigentlich hängen Fledermäuse kopfüber an Höhlendecken, auf Dachböden oder in Baumwipfeln. Doch von den rund 1200 bekannten Fledermausarten gibt es einige, die sich in der Evolution wieder zum aufrechten Schlaf entschieden haben. Eine von ihnen lebt auf Madagaskar. Die madagassischen Haftscheibenfledermäuse gibt es nur auf dieser Insel, sie sind endemisch.
Ihren Namen haben sie von den saugnapfähnlichen Ballen an Hand- und Fußgelenken. Mit Hilfe dieser Ballen können sich die Fledermäuse an glatten Oberflächen festhalten. Die Forscher dachen bisher, dass sie sich mit ihren speziellen "Saugnäpfen" an den Wänden festsaugen würden. Doch weit gefehlt. Offenbar sondern diese Fledermäuse eine Flüssigkeit an ihren Fußsaugnäpfen ab, die als Kleber dient. Alle madagassischen Fledermäuse fressen für ihr Leben gern die Früchte der Baobabbäume und sind auch für deren Befruchtung zuständig.
Riesenratten auf Madagaskar
Die Madagaskarratte, Votsotsa genannt, gehört zu den Nagern. Sie besitzt tiefrote Augen. Am größten sind die Ratten-Kängurus, die schon mal eine Länge von 30 bis 35 Zentimeter erreichen. Hinzu kommt ein 21 bis 25 cm langer Schwanz. Das Fell ist oben graubraun und an der Unterseite weiß. Davon hebt sich der dunkelbraune Schwanz ab. Gekennzeichnet ist der Nager darüber hinaus durch sehr vergrößerte Ohren und Hinterbeine. Das Aussehen erinnert an kleine Kängurus, sie sind aber nicht mit ihnen verwandt.
Die Madagaskarratten ernähren sich überwiegend von Früchten. Sie leben in küstennahen Wäldern mit sandigen Böden. Im gebirgigen Inneren der Insel kommen sie nicht vor. Sie graben ausgedehnte Baue, in denen sie den Tag verbringen. Bei Nacht kommen sie hervor und bewegen sich teils laufend, teils springend vorwärts. Die Nahrung besteht vor allem aus heruntergefallenen Früchten. Durch Zerstörung der Küstenregenwälder wurde der Lebensraum dieser Art stark eingeschränkt und sie wird heute als bedrohte Art eingestuft.
Frösche, Chamäleons und Schlangen
An Reptilien bricht Madagaskar alle Rekorde. 360 verschiedene Arten tummeln sich hier. Und noch sind nicht alle entdeckt. Immer wieder findet man neue Tier- und Pflanzenarten.
Wie das kleinste Chamäleon der Welt, das gerade mal 5 mm groß ist und auf einen Daumennagel paßt. Weil es so winzig ist, wurde es erst 2012 entdeckt. Auf dem Foto in der Bildmitte kannst du es sehen, es ist nicht länger als ein Fingernagel! Die Farbe können die Chamäleons meistens selbst bestimmen, um sich der Umgebung anzupassen. So schützen sie sich gut vor Fressfeinden. Doch manchmal gehen auch mit den Chamäleons die Gefühle durch, dann schillern sie in allen Farben, wie das Exemplar links oben im Bild. Rechts oben siehst du einen Flachschwanzgecko, der auf der Jagd nach Insekten ist.
Hier kannst du ein Chamäleon beobachten
2009 war ein Fröschejahr in Madagaskar. Rund 100 neue Froscharten hat man aufgestöbert. Zu den bekannten Arten zählt der buntfarbene Frosch in der Mitte, dessen schwarzgrüner Körper auf buntgemusterten Beinen daherkommt. Man nennt ihn Mantella baroni. Modedesigner können was von ihm lernen. Der Tomatenfrosch ganz rechts hat seinen Namen von seinem Aussehen. Denn von oben betrachtet sieht der rundliche, rote Frosch aus wie eine Tomate. Er kommt nur in Madagaskar vor. Besonders wohl fühlt er sich in den Laubschichten des Regenwaldes. Denn dort kann er sich gut verstecken. Er kann bis zu zehn Zentimenter Lang und über 200 Gramm schwer werden. Am liebsten ernährt er sich von Schnecken, Insekten, Würmern und kleinen Amphibien.
Vögel auf Madagaskar
Durch seine zahlreichen Gewässer und seine Wälder ist Madagaskar ein Vogelparadies. Es kommen 260 Vogelarten vor, was nicht viel ist, allerdings ist mehr als die Hälfte endemisch. Hier leben vielfältige Raub- und Greifvögel wie der Madagaskar-Fischadler, Madagaskar-Falke, sowie bunte Papageienarten, Nektarvögel, Sperlingsvögel und zahlreiche weitere Singvögel. Selbst einige Kuckucksarten sind hier zu Hause.
Auf den Fotos unten siehst du einen einen Seidenkuckuck (links), der wie unser Kuckuck seine Eier in fremde Nester legt, einen Blauvanga (mitte), und einen großen Vasa Papageienvogel (rechts). Der erstaunlichste Vogel auf Madagaskar ist jedoch der rabenschwarze Madagaskar Drongo.
Vor allem die Nationalparks an der Ostküste der Insel sind wahre Vogelparadiese und bei Vogelkundlern ein beliebtes Ausflugsziel.
Der Madagaskar-Drongo
Ein Vogel, der miauen, bellen, weinen oder gackern kann? Gibt es auf Madagaskar. Es ist ein schwarzer Vogel mit einer tiefroten Iris namens Drongo. Die Madagassen nennen ihn Reilovi, König der Vögel, denn er kann alle Vogelstimmen nachahmen. Typisch für den Madagaskar-Drongo sind die drei Federn, die vorne am Schnabel aufragen. Der Gesang des Madagaskar-Drongos ist unglaublich vielfältig. Er ist ein Imitationskünstler. Häufig imitiert er die Gesänge anderer Vogelarten. Doch nicht nur das! In der Nähe von Dörfern macht er sogar Haustiere nach. Dann gackert er wie Hühner oder miaut wie Katzen. Er lebt in den tropischen Regenwäldern und in den Maangrovenwäldern. Er ernährt sich von Käfern und Früchten, und ist häufig in gemischten Schwärmen anzutreffen. Die Brutzeit liegt zwischen September und Dezember, im trockenen Südosten zwischen Oktober und Februar.
Große, kleine und bunte Insekten
An Insekten bietet die Insel Madagaskar viele Überraschungen. Unzählige Insektenarten und viele wirbellose Tiere leben hier. Manche sind knallbunt und auffällig geformt, andere sind wahre Künstler in der Tarnung.
Es gibt Käfer, die so lange Hälse haben, dass man unweigerlich an Giraffen denkt. Wie das Exemplar oben links im Bild. Es gibt Spinnen mit Zebrastreifen, die man auch im Urwald garantiert nicht übersehen kann. Andererseits tummeln sich Künstler der Tarnung wie dieser Grashüpfer oben rechts im Bild.
Welche Tiere nicht auf Madagaskar vorkommen
Madagaskar hatte sich vor rund 80 Millionen Jahren vom Festland getrennt. Dadurch entwickelten sich auf der Insel zum Teil andere Tiere als auf dem Kontinent. Das ist auch der Grund, warum du nirgendwo auf Madagaskar die "big Five" finden wirst, die Stars der Savanne wie Löwen, Nashörner, Giraffen oder Elefanten. Auch Affen gibt es dort nicht, da deren Entwicklung erst vor 30 Millionen Jahren einsetzte. Zu der Zeit war Madagaskar bereits vom Festland getrennt. Deshalb konnten sich die Lemuren, die lange vor den Affen lebten, hier ausbreiten. Übrigens gibt es kaum giftige Tiere auf Madagaskar, weder giftige Spinnen noch Giftschlangen! Auch Raubtiere, die allesamt zur Familie der Schleichkatzen und Mangusten gehören, sind für den Menschen ungefährlich. Die meisten sind klein, und da viele nachtaktiv sind, sieht man sie auch selten.
Welche Tierarten auf Madagaskar bedroht sind
Madagaskar ist ein Hotspot der Artenvielfalt. Um so alarmierender ist die Anzahl der Arten, die vom Aussterben bedroht sind. Das gilt allein für 128 Säugetiere. Dazu zählen die Lemuren. Mehr als hundert Unterarten der Primaten gelten nach Angaben der Weltnaturschutzunion IUCN aus dem Jahr 2020 als gefährdet. Bei den Reptilien sieht es noch schlimmer aus. Fast 40 Prozent der rund 370 Arten der Insel drohen auszusterben. Die Abholzung der Regen- und Trockenwälder gefährdet vor allem Echsen und Schlangen. Auch alle Schildkrötenarten auf Madagaskar sind stark gefährdet. Die Tiere werden international gehandelt und wegen ihres Fleisches gejagt.